Alpbach - Online-Lernplattformen für Massive Open Online Courses (MOOCs) werden nicht nur neuen Zielgruppen kostenlose akademische Bildung auf Hochschulniveau ermöglichen, sie werden auch die Lehre an den Unis selbst verändern. Davon zeigt sich Hannes Klöpper, Managing Director von MOOC-Anbieter iversity, im APA-Gespräch überzeugt. Heute, Freitag, spricht er beim Forum Alpbach über die "Digital University".

Unter einer "Digital University" wie der deutschen iversity oder den von US-Eliteunis initiierten MOOC-Plattformen wie "edX", an denen man ohne formelle oder finanzielle Hürden speziell konzipierte Online-Kurse bei den Koryphäen des jeweiligen Fachs besuchen kann, darf man sich laut Klöpper allerdings keine vollwertige Universität vorstellen. Es sei nicht das Ziel, Unis mit vollwertigen Abschlüssen online abzubilden. Der Mehrwert von Digitalen Unis sei vielmehr, dass Studentinnen und Studenten aus einem umfassenden Angebot a la carte das Passende auswählen und damit Präsenzstudium oder berufliche Tätigkeit ergänzen können. Durch solche Angebote könnten sich künftig außerdem nicht mehr nur große, sondern auch kleine und mittelständische Betriebe maßgeschneiderte Weiterbildungsprogramme leisten, glaubt Klöpper.

Qualitätssteigerung für Lehre

An den klassischen Unis selbst werden die Plattformen mit hunderten bis tausenden Lehrangeboten aus aller Welt ebenfalls verstärkt zum Einsatz kommen, glaubt Klöpper, und damit auch zu einer Qualitätssteigerung in der Lehre beitragen: "Plötzlich habe ich all diese anderen Dinge, die ich in mein Curriculum inkludieren kann. Damit kann ich die Wahlmöglichkeiten meiner Studenten massiv ausbauen. Gleichzeitig habe ich einen Qualitätswettbewerb, den es bisher in der Lehre nicht gab: Dieses große Angebot schafft auch Transparenz." Denn durch die Möglichkeit, verschiedene Vorlesungen auszuprobieren, würden Studentinnen und Studenten mit einer anderen Erwartungshaltung an die Uni kommen und in der Lehre auch eine bestimmte Qualität einfordern.

Auch über Vorlesungen hinaus kann Klöpper sich den Einsatz von MOOCs an Unis vorstellen: "Hier gibt es Möglichkeiten, die noch gar nicht so genutzt werden in Hinblick auf Citizen Science und Nutzerpartizipation als Verbindung von Lehre und Forschung." Mit 10.000 Leuten in einem Kurs, die alle ein Smartphone haben, könne man riesige Mengen an Information zusammentragen.

Angebote aus ganz Europa

Als riesige Chance sieht Klöpper die Vielfalt der Teilnehmer aus verschiedenen Altersgruppen, Kulturkreisen, mit verschiedenen Bildungsniveaus und beruflichen Vorerfahrungen. In der wissenschaftlichen Diskussion könne dieser unterschiedliche Kontext der Teilnehmer interessante neue Aspekte beleuchten und die Grenzen verschiedener Theorien aufzeigen. Davon könnten die Unis auch in ihrem Kernangebot profitieren, wenn sie dieses für Außenstehende öffnen: "Es ist ja durchaus möglich zu sagen: Wir machen unseren Kurs, den wir 30 Leuten lokal anbieten, und online kommt noch einmal Anzahl X dazu, die eben genau diese unterschiedlichen Perspektiven einbringt."

Für Europa sieht Klöpper dabei dank dem einheitlichen ECTS-System zur Bewertung von Studienleistungen ein noch wesentlich größeres Potenzial als für die USA. Studenten könnten ein MOOC absolvieren und sich die ECTS für ihr Studium anrechnen lassen. iversity selbst hat bereits erste Kurse im Programm, bei denen dies möglich ist. Weiteres Plus für Europa sei, dass die Unis hier in deutlich geringerem Ausmaß von Studiengebühren abhängig seien. "Diese beiden Rahmenbedingungen stellen eine große Chance dar, nicht nur das Marketingversprechen der MOOCs zu nutzen, seine Hochschule global zu präsentieren, sondern auch den nächsten Schritt zu machen, der den Amerikanern deutlich schwerer fallen wird: einen gemeinsamen Markt zu etablieren, wo man als Student aus den jeweils besten Angeboten verschiedenster Hochschulen aus ganz Europa wählen kann." (APA, 22.8.2014)