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"Das gängige Klischee, wonach Computer- und Videospiele eine Männerdomäne seien, gehört endgültig der Vergangenheit an. Vielmehr wird die Zielgruppe der Frauen und Mädchen für die digitale Spielebranche immer wichtiger"

Foto: dpa/Oliver Berg

Immer mehr Frauen wenden sich Videospielen zu und beerdigen damit das althergebrachte Vorurteil, wonach Games eine Männersache seien. Wie eine aktuelle Studie der Entertainment Software Association (ESA) zum amerikanischen Markt ergab, waren 2013 bereits 48 Prozent aller US-Videospielenden weiblich - 2010 waren es noch 40 Prozent. Und, unter den Konsumenten, die am meisten Games kaufen, halten sich die Geschlechter mittlerweile die Waage.

Ein Wandel, der auch in Europa zu verzeichnen ist. Laut einer Studie vom März 2014 der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) waren Anfang dieses Jahres 47 Prozent aller Videospielnutzer in Deutschland Frauen – 12 Prozent mehr als im Vorjahr, hat der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) herausgefunden. Der Anteil der Frauen, die "regelmäßig" spielten, sei im Jahresvergleich sogar um 16 Prozent gestiegen. "Das gängige Klischee, wonach Computer- und Videospiele eine Männerdomäne seien, gehört endgültig der Vergangenheit an. Vielmehr wird die Zielgruppe der Frauen und Mädchen für die digitale Spielebranche immer wichtiger", bestätigt auch BIU-Geschäftsführer Maximilian Schenk für den deutschen Markt gegenüber dem Wall Street Journal.

Männer überholt

Ein Blick auf die Detailauswertung verrät der ESA zufolge, dass erwachsene Frauen mit 37 Prozent einen mehr als doppelt so hohen Anteil in der US-Spielerschaft ausmachen als Männer unter 18 Jahren mit 18 Prozent. "Viele Frauen, die zuvor nur mit ihren Familien gespielt haben, entdecken Gaming nun als individuelle Freizeitgestaltung für sich", erklärt Nielsen-Analystin Nicole Pike gegenüber dem Wall Street Journal.

Weibliche Spieler stellen damit nicht nur eine sehr große, sondern auch eine kaufkräftige Zielgruppe dar. Bislang wird dieses Potenzial vorrangig von Herstellern von Mobile-Games für Smartphones und Tablets genutzt, und das sehr erfolgreich: Wie die Mobile-Werbefirma Flurry Analytics herausgefunden hat, stellen Frauen bei Werken unterschiedlichster Genres wie "Temple Run", "Candy Crush" und "Quiz Up" eine lukrativere und treuere Kundschaft dar, als männliche Gamer. Im Schnitt geben Frauen 31 Prozent mehr Geld für In-Game-Verkäufe aus und verbringen 35 Prozent mehr Zeit mit Mobile-Games als ihre männlichen Kollegen.

Männer für Männer

Blickt man auf traditionelle PC- und Konsolenspiele, zeigt sich hingegen ein anderes Bild. Hersteller von Millionen teuren Blockbustern lassen das zunehmende Interesse von Frauen an Videospielen bis auf einige Ausnahmen noch weitgehend ungenutzt. Mit Werken wie "Call of Duty", "Grand Theft Auto", "Assassin's Creed" oder "FIFA" wird nach wie vor in erster Linie die männliche Spielerschaft angesprochen. US-Marktforscher NPD Group nach waren 2013 wenig überraschend 71 Prozent aller so genannter Core-Gamer männlich.

Wiederholt aufkeimende Kritik, wonach Entwickler zu wenig Identifikationsfiguren für weibliche Spieler böten, wird bis dato nur fallweise gehört. Einer der prominenten Vorreiter ist Entwickler Neil Druckmann, dessen Survival-Drama "The Last of Us" eine Protagonistin abseits des Klischees zeichnet. Sein Beweggrund: Er wollte einen Charakter schaffen, mit dem sich auch seine eigene Tochter identifizieren kann.

Frauen als riesige Chance

Dass Frauen ein enormes Wachstumspotenzial für die Games-Branche darstellen, weiß auch Rachel Franklin, die Produzentin der Lebenssimulation "The Sims 4". Weibliche Gamer sind eine "große Chance" für die Industrie, heißt es im Gespräch mit dem WSJ, und machen "einen riesigen Teil des erreichbaren Spielepublikums aus."

2014, so die Schätzungen, wird der Gesamtumsatz mit Videospielen erstmals 100 Milliarden US-Dollar übersteigen. Frauen gelten als einer der treibenden Faktoren. "Es liegt an den Entwicklern zu entscheiden, ob sie diese ansprechen wollen oder nicht", gibt Franklin zu bedenken. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 24.8.2014)