Blick ins Kleinste: In einem Tropfen aus supraflüssigem Helium bildet sich ein Gitter aus Quantenstrudeln.


Illustration: SLAC National Accelerator Laboratory

Hamburg - Ein internationales Forscherteam hat winzige Quantenstrudel in Tröpfchen aus flüssigem Helium beobachtet. Die exotischen Strudel ordnen sich in den Nanotröpfchen zu dichtgepackten Gittern, wie das Team im US-Fachblatt "Science" berichtet. Es ist das erste Mal, dass die Quantenstrudel, die bereits in größeren Proben von sogenanntem supraflüssigen Helium gesichtet worden sind, in Nanotröpfchen nachgewiesen wurden.

Helium wird bei minus 269 Grad Celsius flüssig. Unterhalb von minus 271 Grad tritt ein Quanteneffekt auf, durch den das flüssige Helium jede innere Reibung verliert, es wird supraflüssig. In diesem exotischen Zustand kann es sogar Wände hinaufkriechen, wie das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) berichtet, das an den Forschungen mitgewirkt hat.

Die Untersuchung

Um die Dynamik von supraflüssigem Helium zu erkunden, haben die Forscher Helium-Nanotröpfchen mit nur 0,2 bis zwei Tausendstel Millimeter Durchmesser mit dem derzeit weltstärksten Röntgenlaser durchleuchtet, der Linac Coherent Light Source LCLS am US-Beschleunigerzentrum SLAC in Kalifornien.

"Die Analyse der Aufnahmen zeigte, dass überraschend viele Tropfen nicht wie erwartet kugelförmig waren, sondern durch schnelle Rotation stark in die Länge gezogen", berichtet DESY-Forscher Daniel Rolles. "Tatsächlich besaßen manche Tropfen mehr die Form eines dicken Rades mit zwei fast parallelen Seiten."

Die Rotation stammt von der Ausdehnung der Tröpfchen in der Düse, durch die sie in die Experimentierkammer gelangen. Die Tröpfchen rotierten bis zu 14 Millionen Mal pro Sekunde - weit schneller als ein normaler runder Tropfen es nach den Gesetzen der klassischen Physik aushalten könnte.

Das Ergebnis

Durch die schnelle Rotation formten sich im Inneren der Nanotröpfchen winzige sogenannte Quantenstrudel - wie Miniaturausgaben des Strudels am Badewannenabfluss. Dieses Phänomen war bereits in größeren Einheiten von supraflüssigem Helium beobachtet worden, wurde in den Nanotröpfchen jetzt aber zum ersten Mal nachgewiesen.

Wie bereits früher beobachtet, bilden die Strudel ein regelmäßiges Gitter. "In den Nanotröpfchen sind die Quantenstrudel überraschenderweise 100.000 Mal dichter gepackt als in größeren Proben supraflüssigen Heliums, die zuvor untersucht wurden", sagt Andrey Vilesov von der Universität von Südkalifornien, einer der drei Leiter des Experiments. (red, derStandard.at, 22. 8. 2014)