Foto: Reuters/Föger

Laut Behörde ist im Lager Traiskirchen - hier ein Wohntrakt - Gefahr in Verzug.

Wien/Traiskirchen/Thalham - In die Auseinandersetzung um den umstrittenen gewerberechtlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden, der der im Asylwerber-Erstaufnahmezentrum Traiskirchentätigen Betreuungsfirma ORS seit Ende Juli einen Aufnahmestopp auferlegt, schaltet sich jetzt die Volksanwaltschaft ein.

Wie der STANDARD erfuhr, hat der für Asyl- und Gewerberechtsbelange zuständige Volksanwalt Peter Fichtenbauer den Bescheid offiziell anfordern lassen. Nun muss er über ein Bescheidprüfungsverfahren entscheiden, das zu den laufenden Prüfungen der Unterbringungszustände in den Lagern Traiskirchenund Thalham noch hinzukäme.

Kritik von Verfassungsrechtler

Unterdessen kritisiert der Innsbrucker Verfassungsrechtler Karl Weber die Beschlussgrundlagen der Bezirkshauptmannschaft Baden. Am 29. Juli 2014, Tag der Bescheiderstellung, hätten im Flüchtlingslager 1397 Menschen gelebt - um 79 Menschen weniger als unmittelbar nach dem letzten Lokalaugenschein vor Ort im Herbst 2012. Damals seien im Erstaufnahmezentrum 1476 Personen untergebracht gewesen.

"Die Voraussetzungen für einen Mandatsbescheid sind eindeutig zu hinterfragen: Wenn man im Oktober 2012 vor Ort war und Gefahr im Verzug erkannt hätte, hätte man damals sofort handeln müssen", sagte Weber der Aufdeckerplattform Dossier.

Kinder ausgenommen

Bemerkenswert sei außerdem, dass nur einen Tag nach der Bescheiderstellung, am 30. Juli 2014, unter 16-jährige Kinder vom Aufnahmestopp wieder ausgenommen wurden: "Ein 14-Jähriger muss bleiben - obwohl Leben und Gesundheit also akut bedroht sind?", fragt Weber.

Für Ungemach sorgt der Aufnahmestopp im niederösterreichischen Traiskirchen auch im oberösterreichischen St. Georgen mit dem Erstaufnahmezentrum Thalham. Wie berichtet, hatte es dort am Mittwoch Unklarheiten wegen Notschlafplätzen für Asylwerber im Speisesaal gegeben.

Bürgermeister schweigt

Das Innenministerium hatte das angekündigt, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dies im Gespräch mit dem St. Georgener Bürgermeister Wilhelm Auzinger (VP) widerrufen - wie dieser dem STANDARD erzählte. Am Freitag wollte Auzinger dazu kein Wort mehr sagen. Für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar. (Irene Brickner, Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 23.8.2014)