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Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ist skeptisch, was die neuen Pensionsbeiträge betrifft.

Foto: APA/EPA/Hannibal Hanschke

Wient – Arbeitsmarktexperte Johannes Kopf hat mit seinem im Standard getätigten Vorstoß zur Abflachung der Lebenseinkommenskurve viel Staub aufgewirbelt. Wenngleich in den meisten Stellungnahmen hervorgehoben wurde, die Diskussion über das Thema solle angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit offen geführt werden, überwog am Wochenende doch die Skepsis.

Der AMS-Chef hatte vorgeschlagen, die Pensionsbeiträge umzuschichten: Jüngere sollen mehr verdienen, weil der Arbeitnehmerbeitrag vom Betrieb gezahlt würde; Älterer hätten künftig weniger in der Tasche, da sie den Arbeitgeberbeitrag übernehmen müssten.
Die Umstellung würde graduell erfolgen und sollte, so die Intention Kopfs, dazu führen, dass durch die Senkung der Arbeitskosten Ältere wieder bessere Chancen am Jobmarkt erhalten. Zuletzt war die Gruppe der über 55-Jährigen mit einem Anstieg von 17 Prozent besonders stark von der höheren Arbeitslosigkeit in Österreich betroffen.

"In der Theorie gut"

Während der zuständige Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) trotz mehrmaliger Anfragen zu keiner Stellungnahme bereit war, reagierte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) betont skeptisch auf den Vorschlag. Er klinge zwar "in der Theorie gut", in der Praxis sieht Mitterlehner aber einige Probleme. Einerseits würden Ältere netto in dem Modell belastet, ohne dass sie von den Vorteilen der Umstellung profitiert hätten. Hier stellte der Minister lange Übergangsfristen in den Raum, um Einkommensnachteile abzufedern. Zudem stößt sich Mitterlehner an der Verteuerung der Arbeitskosten Jüngerer, die mit der vollständigen Übernahme der Pensionsbeiträge durch die Arbeitgeber verbunden wäre. Als Beispiele nannte Mitterlehner Branchen wie Tourismus und Friseure. Hier drohten die Arbeitskosten "mit einem Schlag zu steigen".

Auch die Wirtschaftskammer meint, man müsse sich den Vorschlag detailliert ansehen und dabei die unterschiedlichen Auswirkungen auf einzelne Branchen und Gruppen analysieren. Ihr Sozialexperte Martin Gleitsmann betont zudem, dass eine generelle Senkung und nicht eine Umverteilung der Lohnnebenkosten vorrangig sei. Dass mit der Verbilligung der Arbeitskosten die Beschäftigungschancen der Älteren verbessert würden, hält Gleitsmann für einen Pluspunkt des Vorschlags. Damit arbeitslos gewordene ältere Personen wieder einen Job bekommen, müssten freilich auch die Zumutbarkeitsbestimmungen diskutiert werden. Hier spricht der Kammer-Experte den Einkommensschutz in Höhe von 80 Prozent des letzten Jobs und die maximal zumutbare Entfernung von einer Stunde bei der Vermittlung einer neuen Stelle an.

Khol: "Gute Sache"

Experten wie Ulrich Schuh von EcoAustria und Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien halten den steigenden Verdienst mit fortdauernder Betriebszugehörigkeit nicht für ein zentrales Problem. Im Großen und Ganzen funktioniere der Arbeitsmarkt auch bei Älteren, so deren Tenor. Überlegt werden sollten spezifische Wiedereinstiegshilfen für die betroffene Gruppe.

Den stärksten Zuspruch erhält Kopf von VP-Seniorenbundchef Andreas Khol, der das Modell für "eine gute Sache" hält. Allerdings müsse eine Änderung auf verfassungsrechtliche Probleme abgeklopft werden. Khol: "Aber ich sage nicht von vornherein: Geht nicht, mach’ ma nicht, brauch’ ma nicht." (as, nw, DER STANDARD, 25.8.2014)