Aufklären und Grenzen ziehen statt Liegestütze machen und sich still in Loyalität üben: Derzeit ist das Militär damit beschäftigt, heftige Angriffe der ÖVP abzuwehren.

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Wien - Auf die Attacken von Andreas Khol (ÖVP) gegen die angeblich reformunwillige Militärspitze ("Unterlassungstäter") reagiert Generalstabschef Othmar Commenda mit einigen Klarstellungen. Angesichts "der unakzeptablen Wortwahl" fordert der ranghöchste Soldat der Republik den vormaligen Nationalratspräsidenten aber zuallererst auf, "sich bei den Kommandanten und Vorgesetzten aller Ebenen zu entschuldigen".

Commenda zum STANDARD: "Im Unterschied zu ihm tragen wir Verantwortung - und wir halten auch viel von einer hohen Berufsethik und Fürsorgepflicht."

Bundesheer gemieden

Wie berichtet, hat Khol, nun Obmann des schwarzen Seniorenbundes, nach Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) vom finanzmaroden Bundesheer raschest Reformen eingefordert - weil seit dem eindeutigen Votum für die Wehrpflicht "eine Serie von beschlussreifen Konzepten" vorliegen würde, an denen sich Khol selbst beteiligt haben will.

Commenda versichert aber: "Was Herr Khol bei der Wehrpflichtdebatte mitgearbeitet hat, weiß ich nicht. Angekommen ist bei uns nichts. Nach meinem Wissen hat Khol in seiner aktiven Parlamentszeit jedoch das Bundesheer mehr als gemieden."

Dass Khol Spindeleggers Vorhalte ("das Bundesheer nicht aushungern") als "mutige Aktion" preist, hat für den General angesichts "der Halbierung des Bundesheeres in den letzten zehn Jahren" eher "mit Realitätsverlust oder Polemik" zu tun - nachdem mehr als tausend Panzer ausgemustert, Kasernen geschlossen und Bataillone aufgelöst wurden.

Khols Replik auf Commenda wiederum lautet so: "Ein Unterlassungstäter", erklärt er dem STANDARD, "ist ein Fachausdruck dafür, dass jemand zur Verantwortung gezogen wird, wenn er etwas nicht getan hat. Wenn sich dadurch jemand beleidigt fühlt, tut mir das sehr leid."

Reformieren statt klagen

Auch der Präsident des Milizverbandes, Michael Schaffer, drängt nun auf raschere Reformen. Schaffer, selber Generalstabsoffizier der Miliz, argumentiert: Die Verteidgungsminister der letzten zehn Jahre (Günther Platter, Norbert Darabos, Gerald Klug) hätten zwar das Bundesheer in der von Commenda angeführten Dimension verkleinert, nicht jedoch das Kader an Berufsmilitärs.

Schaffer im STANDARD-Gespräch: "Es braucht dringend Maßnahmen zur Personalreduktion - in keiner Armee der Welt kann man bis zum Pensionsalter dienen, nur bei uns. Aber alle Ausstiegsmodelle sind gezielt hintertrieben worden" - und zwar von der (schwarzen) Personalvertretung, aber auch von höchsten Militärs.

Forderung nach Milizheer

Schaffer fordert daher, dass Politik und Generalstab die verfassungsmäßige Form der Landesverteidigung wiederherstellen: Demnach müsste das Bundesheer als Milizheer organisiert werden - die Berufsmilitärs hätten sich unterzuordnen, "aber das Einzige, was ich von Klug bisher in Bezug auf die Miliz erlebt habe, war die Streichung der Subvention für unseren Verband und die Abschaffung der Funktion des Milizbeauftragten in seinem Haus."

Schaffer ist sehr wohl der Meinung, dass das Heer mehr Geld braucht - aber das sollte der Finanzminister erst hergeben, wenn das Milizprinzip gesichert sei.

Auch Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hat am Montag seine Forderung nach mehr Geld für das Bundesheer ab 2016 erneuert. Sobald das Reformkonzept im Herbst fertig ist, will er mit Spindelegger darüber reden, aber: "Dann werden wir über den dringenden Investitionsbedarf für modernes Gerät verhandeln." (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 26.8.2014)