Mittels Computersimulationen zeigten TU-Forscher, wie Elektronen von einem Atom wegfließen und sich fortbewegen.

Illustration: TU Wien

Wien - Mit extrem kurzen Blitzen von Laserlicht kann man Glas gleichsam metallische Eigenschaften verleihen - genauer gesagt es von einem elektrisch isolierenden Material zum Leiter zu machen. Dieses von deutschen Forschern in Experimenten beobachtete Phänomen haben nun Wissenschafter der Technischen Universität (TU) Wien mit Hilfe von Computersimulationen erklärt.

Der Faktor, der alles ändert

Quarzglas ist ein elektrischer Isolator, leitet also keinen Strom. Bestrahlt man es jedoch mit ultrakurzen Laserpulsen, ändern sich für die kurze Dauer des Lichtblitzes von Femtosekunden (also Billiardstel Sekunden) die elektronischen Eigenschaften von Quarzglas völlig. Dies zeigten Wissenschafter vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching in Experimenten. Bei entsprechender Stärke des Laserpulses können sich Elektronen im Material frei bewegen, das Quarzglas verhält sich für die Dauer des Laserpulses wie ein Metall und leitet Strom. Dann nimmt das Material wieder seine ursprüngliche Eigenschaft an.

Wie dieser Effekt genau abläuft, konnten Georg Wachter, Christoph Lemell und Joachim Burgdörfer vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien in Zusammenarbeit mit japanischen Forschern nun erstmals mit Hilfe von Computersimulationen erklären. Hintergrund ist das quantenphysikalische Verhalten von Elektronen in einem Festkörper. Sie können dabei verschiedene Zustände einnehmen, etwa fest an ein bestimmtes Atom gebunden sein, oder in Zuständen höherer Energie auch frei beweglich zwischen den einzelnen Atomen.

Der dahintersteckende Prozess

"Der Laserpuls ist ein extrem starkes elektrisches Feld, das die Zustände der Elektronen im Quarz dramatisch verändert", erklärt Wachter. Dadurch können sich sonst fest an ein Sauerstoff-Atom im Quarzglas gebundene Elektronen plötzlich ähnlich benehmen wie ein frei bewegliches Elektron in einem Metall. Das elektrische Feld des Pulses treibt die Elektronen in eine bestimmte Richtung - Strom beginnt zu fließen. In den auf Supercomputern laufenden Simulationen können die Forscher den zeitlichen Verlauf dieses Effekts wie in Zeitlupe nachverfolgen und verstehen, was hier geschieht.

Die vom Laserpuls ausgelöste Änderungen der Materialeigenschaften erfolgen blitzartig und gehören zu den schnellsten Prozessen, die man in der Festkörperphysik kenne, betonten die Forscher. Während heute verwendete Transistoren im Bereich von einigen Pikosekunden (Billionstel Sekunden) arbeiten, können Laserpulse Ströme mehr als tausend mal schneller schalten. Die Wissenschafter hoffen deshalb, diesen Effekt einmal für den Bau von Schaltungen nutzen zu können, die um Größenordnungen schneller getaktet sind als die heutige Mikroelektronik. (APA/red, derStandard.at, 26. 8. 2014)