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Vor Beginn der Waffenruhe wurde von beiden Seiten noch geschossen.

Foto: Reuters/Zakot

Die Waffenruhe wird in Gaza bejubelt.

Storyful, YouTube/Watania

Nach der Verkündung einer unbefristeten Waffenruhe schien man sich im Gazastreifen und in Israel nach und nach an den Gedanken zu gewöhnen, dass die Kämpfe nach 50 Tagen tatsächlich beendet waren. In den ersten Minuten nach dem Beginn der Waffenruhe am Dienstag um 19 Uhr Ortszeit hatte es zwar noch Raketenalarm an mehreren Orten in Südisrael gegeben, danach blieb es aber auf beiden Seiten der Grenze ruhig.

Palästinensische Familien, die in zu Lagern umfunktionierten Schulen provisorisch Obdach gefunden hatten, machten sich auf den Weg zurück in ihre zum Teil von schweren Zerstörungen gezeichneten Wohnorte.

Bewohner der wenige Kilometer vom Gazastreifen entfernten israelischen Landwirtschaftsdörfer, die gerade in den letzten Kriegstagen besonders heftigem Granatenfeuer ausgesetzt gewesen waren, wollten vor der Heimkehr noch zwei Tage abwarten, ob der Waffenruhe diesmal zu trauen ist.

Hamas spricht von "Sieg"

Zugleich liefen in den Medien die Debatten darüber an, ob eine der Seiten durch das "dünne", vage Waffenstillstandsabkommen, das die ägyptischen Vermittler entworfen hatten, irgendeinen Vorteil erzielt hat. Die radikalen Palästinensergruppen hatten sofort Paraden und Versammlungen inszeniert, mit denen der "gewaltige Sieg" über Israel zelebriert wurde. "Wir sind heute hier, um den Sieg von Gaza zu verkünden", sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri vor einem Spital, "wir sind hier, um zu erklären, dass wir diese Macht besiegt haben, die zerstörerische israelische Macht."

Der hohe Hamas-Funktionär Mahmud Al-Sahar, der nach Wochen im Versteck zum ersten Mal öffentlich auftrat, versprach in kämpferischem Ton, Gaza würde einen Flughafen und einen Seehafen bekommen: "Und wer unseren Flughafen angreift, dessen Flughafen werden wir angreifen."

Unerfüllte Forderungen

Tatsächlich hat die Hamas aber die Waffen vorläufig niedergelegt, ohne dass die Forderungen erfüllt wurden, auf die sie über Wochen zuvor nicht hatte verzichten wollen. Insbesondere sollen Verhandlungen über den Bau eines Seehafens und eines Flughafens erst in einem Monat beginnen - und es ist äußerst ungewiss, ob man sich darüber einigen kann, wer diese Einrichtungen kontrollieren soll.

Was sich genau an der Teilblockade des Gazastreifens ändern wird, der seit Jahren von Israel her über den Warenübergang Kerem Schalom versorgt wird, ist zunächst nicht klar. Über eine Öffnung des von Ägypten blockierten Übergangs bei Rafah sollen erst ägyptisch-palästinensische Verhandlungen entscheiden.

Der Wiederaufbau könnte nach Schätzungen mehr als zehn Jahre dauern. Zugleich hat die Hamas vermutlich hunderte Kämpfer und bis zu 80 Prozent ihres Raketenarsenals verloren. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 28.8.2014)