Michael Spindelegger hat mit seinem Rücktritt den richtigen Schritt fürs Land gesetzt. Dem Amt des ÖVP-Chefs war er kaum, dem des Finanzministers gar nicht gewachsen. Er war dadurch ein entscheidender Faktor für die miserable Situation der Koalition.

Aber er war nicht der einzige Grund dafür, dass die Mehrheit der Österreicher diese Regierung am liebsten mit nassen Fetzen davonjagen würde. Sein Gegenpart, Bundeskanzler Werner Faymann, trägt ebenfalls viel dazu bei.

Das Grundproblem der Koalition ist, dass die beiden Parteien sich bei praktisch allen notwendigen Reformen gegenseitig blockieren, statt diese zu fördern, was sie genauso könnten. Die Österreicher sind zwar keine besonderen Fans großer, oft schmerzhafter Veränderungen. Aber den anhaltenden Reformstau in der Steuerpolitik, der Verwaltung oder der Bildung wollen sie noch viel weniger.

Das Versagen der Regierung gibt der FPÖ jenen massiven Auftrieb, der sie derzeit zur stärksten Kraft des Landes macht.

Wege aus der Sackgasse

Die entscheidende Frage ist, ob der neue ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner jenen großen Reformabtausch in die Wege leiten kann, der die Regierung und das Land aus dieser Sackgasse herausführen könnte. Dies wäre vor allem eine Umschichtung der Steuerlast von Arbeit auf Vermögen, etwa durch eine Reform der Grundsteuer, gepaart mit einer durchgreifenden Pensionsreform, die das Budget langfristig entlasten würde.

Weitere Deals wären in der Verwaltung und bei Förderungen möglich, vielleicht sogar in der Bildung: etwa eine sinnvolle Gesamt- und Ganztagsschule gegen Studiengebühren an den Universitäten.

Aber Faymann hat sich als Parteichef und Koalitionspartner genauso unbeweglich gezeigt wie Spindelegger. Dessen Nachfolger Mitterlehner aber kann nicht bei der Steuerpolitik nachgeben, ohne Zugeständnisse von der SPÖ zu erhalten. Denn dann würde er in seiner Partei gleich zum Auftakt als Schwächling erscheinen.

Kurswechsel durch neue Führung

Deshalb muss sich auch bei der SPÖ dringend etwas ändern, damit die Blockade beendet wird. Und die einzige Änderung, die wirklich einen Kurswechsel mit sich bringen würde, wäre eine neue Führung.

Faymann stand zuletzt in den Umfragen kaum besser da als Spindelegger, und auch in der eigenen Partei ist der Unmut vergleichbar groß. Ein Rückzug noch vor Jahresende könnte den Weg freimachen für ein neues Führungsduo, das endlich die fatale Dynamik dieser Koalition durchbricht. Vor allem bei der Eindämmung der Frühpensionen, die immer noch verschleppt wird, braucht es einen mutigen Parteichef, der die Gewerkschaft mit der Realität konfrontiert, statt sie mit neuen Posten zu beschwichtigen.

Wer es tun soll, ist nicht klar, denn die Personalreserve in der SPÖ ist noch kleiner als bei der ÖVP. Aber wichtig ist vor allem, dass nicht alles so weitergeht wie bisher. Und das ist durch eine neue VP-Führung allein noch lange nicht sichergestellt. (Eric Frey, derStandard.at, 27.8.2014)