Kabul - Der afghanische Präsidentschaftskandidat Abdullah Abdullah macht offenbar Ernst mit seiner Drohung, die Überprüfung der umstrittenen Präsidentenwahl zu boykottieren. "Wir werden heute nicht an dem Prozess teilnehmen und uns vielleicht überhaupt nicht mehr an dem Prozess beteiligen", sagte ein Sprecher Abdullahs am Mittwoch.

Damit steht die Neuauszählung, die auf Druck der US-Regierung zur Lösung des Streits über das Ergebnis der Stichwahl vom 14. Juni vereinbart worden war, vor dem Scheitern. Der Sprecher Abdullahs sagte jedoch, es liefen derzeit Gespräche mit den Vereinten Nationen. Sollte dabei eine Einigung erreicht werden, würden sie zurückkehren.

Abdullah hatte am Dienstag gedroht, sollten seine Forderungen nicht bis Mittwochfrüh akzeptiert werden, werde er sich aus dem Prozess zurückziehen. Einer seiner Sprecher kritisierte, Abdullahs Forderungen, die Stimmzettel gewisser Wahllokale für ungültig zu erklären, seien ignoriert worden.

Gegenseite Fälschungsvorwürfe

Abdullahs Rivale Ashraf Ghani ließ dessen Drohungen als "irrelevant und unverantwortlich" zurückweisen. Das Verfahren sei gemeinsam vereinbart worden, sagte ein Sprecher Ghanis. Einmal festgelegt, könnten die Kriterien nicht mehr geändert werden. Abdullah war aus dem ersten Wahlgang im April als Sieger hervorgegangen. Nach ersten Ergebnissen der Stichwahl lag dabei Ghani deutlich in Führung. Abdullah warf ihm daraufhin Fälschung vor.

Unter Vermittlung von US-Außenminister John Kerry einigten sich beide Seiten schließlich auf eine komplette Neuauszählung der Stimmzettel. Zudem sagte sie zu, das Ergebnis zu respektieren und eine Einheitsregierung zu bilden. Am Montag begann die entscheidende Phase des Prozesses, in der entschieden werden muss, welche Stimmzettel für ungültig erklärt werden.

Der scheidende Präsident Hamid Karzai hat die Vereidigung seines Nachfolgers für den 2. September angesetzt. Ein Sprecher Karzais betonte auch am Mittwoch, dass der künftige Präsident am NATO-Gipfel in Wales am 4. und 5. September teilnehmen wird und nicht Karzai. Angaben über den Fall, dass es bis dahin noch kein neues Staatsoberhaupt in Afghanistan gibt, wollte er nicht machen. (APA, 27.8.2014)