Facebook-Nutzer zögern auch im persönlichen Kontakt, unangepasste Meinungen zu äußern - so eine Studie

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Das Internet belebt den Meinungsaustausch, verleiht Minderheiten und Andersdenkenden ein Sprachrohr und wird so zum öffentlichen Forum, in dem sich alle Menschen frei austauschen können: Eine schöne Illusion, die zumindest 2014 meilenweit von der Realität entfernt ist. Denn tatsächlich ist das genaue Gegenteil dieser Wunschvorstellung eingetreten, wie eine neue Studie des Pew Research Centers belegt. Menschen würden sich im Internet vor allem mit gleichdenkenden Personen umgeben, befeuert wird dies laut New York Times durch Algorithmen von Facebook und Co.

FB-Nutzer schweigen eher

Aber nicht nur das: Die Verhaltensweisen in sozialen Medien strahlen sogar in die analoge Welt aus. Nutzer, die oft auf Facebook und Twitter sind, tendieren dazu, sich auch offline angepasst zu unterhalten. Sie vermeiden es etwa, ihre Meinung zu äußern, sollte diese von der erwarteten Mehrheitsmeinung abweichen. Ein soziales Phänomen, das als "Schweigespirale“ bekannt ist und in den 1970ern von der Kommunikationswissenschafterin Elisabeth Nölle-Neumann entwickelt wurde – nicht ohne heftige Kritik anderer Forscher, die das Konzept als Entschuldigung für das Verhalten der breiten Masse zur Zeit des Nationalsozialismus sahen.

Timeline passt sich Konformität an

Die Forscher des Pew Research sprechen nun davon, dass soziale Medien die Schweigespirale massiv befeuerten. Noch eher als im echten Leben zögern sie, mutmaßlich unbeliebte Meinungen zu posten oder ihren Freunden zu widersprechen. Facebook erkennt nun wiederum, wer wie interagiert, und passt die Timeline der Nutzer an. Dadurch entsteht eine Blase, in der ähnliche Ansichten vorherrschen - und ein Henne/Ei-Problem. Ein Effekt, der als "Filter-Bubble“ unter dem Aspekt der Nachrichten-Berichterstattung schon länger debattiert wird.

Nachrichtenbezug über Rundfunk

Allerdings zeigte die aktuelle Studie auch, dass sich Menschen immer noch überwiegend durch Rundfunk und Nachrichtenseiten im Internet informieren. Nur 15 Prozent der fast 2.000 Befragten erlangten Informationen über Facebook, nur drei Prozent über Twitter. Damit ist immerhin eine Befürchtung entschärft – denn wenn auch Nachrichten nur über ähnlich denkende Personen bezogen werden, könnte die Meinungsblase überhand nehmen. (fsc, derStandard.at, 27.8.2014)