Soul besitzt keinen Reisepass, doch in Deutschland würde man ihn nicht zuerst suchen. In Österreich auch nicht, in Hamburg wird man aber tatsächlich fündig. Jennifer Yaa Akoto Kieck alias Y’akoto zehrt auf ihrem zweiten Album von den Erfahrungen ihres jungen Lebens zwischen der Hansestadt, Frankreich und Ghana.
Die Songs von Moody Blues berichten von den Erfahrungen dieser Reisen. Der Opener erzählt von einer Witwe, die jeden Tag zum Fluss geht, in dem ihr Mann bestattet wurde. Am Ufer überlegt sie, ob sie ihm folgen oder weitermachen soll. Come Down To The River ist starker Tobak. Entsprechend elegisch arrangiert Y’akoto den Song, überträgt seine existenzielle Schwere in eine waidwunde Ballade. Akustische Gitarre, träge Bläser, alles da. Ein anderer Trennungssong ist Forget. Y’akoto fühlt sich durch den Song, meistert den Grat zwischen Gefühl und Schmalz in Slow Motion. Aber sie kann auch schneller. Perfect Timing ist ein satter Stomper, aus dem sie am Ende erhobenen Hauptes rausmarschiert, trotz des thematisierten Herzeleids.
Überwiegend bleibt sie jedoch im Mid- oder Downtempo (nicht das Genre!). Dort nimmt sie sich Zeit für filigrane, einnehmende Lieder, die die Authentizität von Field-Recordings umweht. Diese wohltuende Zurückhaltung schlägt sich auch im Verzicht auf unnötige Expressionismen nieder, die so oft jede Glaubwürdigkeit untergraben und echten Soul von seinen Plagiaten trennen. (Karl Fluch, Rondo, DER STANDARD, 29.8.2014)