Mit großen Träumen nach New York gekommen: Gretta (Keira Knightley) und ihr Freund Dave (Adam Levine).

Foto: Constantin Film

Wien - Es ist erst eine kleine Weile her, dass sich der arme Llewyn Davis mit der Klampfe abgestrudelt hat. Wir wissen seit dem großartigen Film der Brüder Coen wieder, was das ist: Folkmusik. Singersongwriting. Sich einem Publikum in intimer Atmosphäre preiszugeben. Im Idealfall wird daraus ein Liebesakt mit Akkorden, läuft es nicht so gut, entstehen peinliche Momente. John Carneys Romanze "Can a Song Save Your Life?" wirkt, als wäre der Film vor allem dazu da, die Abgründe wieder zuzumachen, die sich in Inside Llewyn Davis aufgetan haben.

Das mit der Lebensrettung, die in der Musik steckt, wird hier allerdings deutlich zu wörtlich genommen. Denn dass man mit ehrlichen Songs zugleich das eigene Leben und die Idee einer aus dem Zynismus erlösten Musikindustrie retten kann, geht ein bisschen zu weit. Zumal Produzent Dan, gespielt von dem Paradestrubbel Mark Ruffalo, im Grunde ja nur die Tricks aufhübscht, mit denen immer schon gearbeitet wurde.

Im Original heißt der Film "Begin Again", und das ist in mehrfacher Hinsicht das Thema. Gretta (Keira Knightley), die mit ihrem erfolgreicheren Boyfreund nach New York gekommen ist, steht bald allein da und steckt ihr Schicksal in ihre Gesänge. Steve ist seit Jahren nur noch Teilzeitvater einer Teenagertochter, seine Ehe ist lange schon vorbei, sein Nimbus als Entdecker von Talenten hat auch ziemlich gelitten. Er sucht nach dem wirklichen Ding. In Gretta erkennt er es sofort.

In bester amerikanischer Manier verbindet Carney ein romantisches mit einem kommerziellen Projekt. Keira Knightley ist selbst in dieser Rolle toll, in der sie lernen muss, die Hosen für den hohen Wasserstand abzulegen. Als Nerd bliebe sie auf die Kellerbühnen verwiesen, auf denen sie anfangs zu sehen ist. Sie ist aber ein Star, den anfangs nur Dan in ihr sieht. Die Songs, mit denen Knightley auftritt, sind in Ordnung, doch Carney muss schon sein ganzes mythologisches Brimborium aufbieten, um glauben zu machen, dass hier eine besondere Magie am Werk ist. 2006 drehte er mit Once einen Musikfilm in Dublin, der in diese Richtung wies. Doch mit Can a Song Save Your Life? hat Carney sich doch sehr deutlich den öden Gesetzen der Unterhaltungsindustrie unterworfen. Es hätte nicht geschadet, hätte er sich die Lektionen von Llewyn Davis ein bisschen zu Herzen genommen. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 29.8.2014)