Bild nicht mehr verfügbar.

Spendenflut und Mitmachwut, es ist noch genügend Wasser da. Vor wenigen Wochen war kaum jemandem die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose ein Begriff. Der Monat August änderte vieles.

Foto: Reuters/Romeo Ranoco

Die einen spenden, die anderen schütten, viele tun beides. Andere profitieren. Im Vordergrund steht die Erforschung der nach wie vor unheilbaren Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Durch die öffentlichkeitswirksame Ice Bucket Challenge sind innerhalb eines Monats mit Ende August über 100 Millionen Dollar (über 76 Mio. Euro) an Spenden für die US-amerikanische ALS Association (ALSA) zusammengekommen. Zum Vergleich: 2,7 Millionen Dollar (rund zwei Mio. Euro) waren es im selben Zeitraum des Vorjahres.

Doch wohin fließen die Gelder eigentlich? Ein Blick in den Finanzbericht der ALSA gibt Aufschluss: Demnach gab der Verein im vergangenen Geschäftsjahr 26,2 Millionen Dollar aus. 28 Prozent (7,2 Mio.) flossen in die Forschung, der Rest kam Bereichen wie Lobbyarbeit, Beratungsstellen und Verwaltung, Letzterer mit sieben Prozent, zugute. Zum Vergleich: Médecins Sans Frontières (Ärzte ohne Grenzen) gab im Bereich Management und Verwaltung weltweit sechs Prozent aus - im internationalen Vergleich unter Non-Profit-Organisationen (NPO) einer der niedrigsten Werte. Ein Vergleich 1:1 ist allerdings schwierig, da es unterschiedliche Regelungen gibt, wer was welchen Bereichen zuordnet.

Aus der ALSA-Steuererklärung geht zudem hervor, dass die Präsidentin und Vorstandsvorsitzende, Jane H. Gilbert, sich 2013 ein Jahresgehalt von 339.475 Dollar (knapp 258.000 Euro) gönnte. Im Jahr davor waren es 297.288 Dollar. Finanzchef Daniel M. Reznikov erhielt 201.260 Dollar (Vorjahr: 195.190), und Steve Gibson, leitender Verantwortlicher für Öffentlichkeitsarbeit, kam immerhin noch auf 182.862 Dollar (Vorjahr: 176.430).

Höhere Kompetenz, höhere Löhne

Unreflektiert will Astrid Pennerstorfer, Expertin für Non-Profit-Forschung an der Wirtschaftsuniversität in Wien, diese Zahlen jedoch nicht stehenlassen. Natürlich würden Gehälter in dieser Höhe auf den ersten Blick ein schiefes Licht auf eine NPO werfen. NPO heiße aber nicht zwingend, dass man innerhalb der Organisation wenig verdienen müsse. "Managergehälter in diesem Bereich sind zwar generell eher niedriger und weniger leistungsabhängig als im gewinnorientierten Bereich. Besonders bei den Löhnen von Führungskräften wird aber üblicherweise auch auf die Signalwirkung nach außen geschaut. Gleichzeitig verhält es sich natürlich umgekehrt auch so, dass man einigermaßen kompetitiv bezahlen muss, um gute Leute zu bekommen."

Ganz allgemein gilt jedoch, dass die Streuung der Gehälter zwischen Führungskräften und Mitarbeitern geringer ist als bei gewinnorientierten Unternehmen. Das U.S. Census Bureau, eine Behörde im US-Handelsministerium, rechnete im September 2013 vor, dass ein Median-Einkommen ganz generell in den USA 2012 bei rund 50.000 Dollar lag. Managergehälter im NPO-Bereich bewegen sich im Schnitt bei 60.000 Dollar.

Nebenschauplatz: Ende letzter Woche wurde bekannt, dass sich die ALS Association die Markenrechte an der Ice Bucket Challenge sichern wollte. Ein Vorhaben, das nicht nur für Sympathien gesorgt haben dürfte. Einerseits geistert die Eiswasser-Idee bereits seit Monaten durchs Internet (praktiziert außerhalb einer breiten Öffentlichkeit wird die Challenge in den USA seit Jahren), um auf verschiedene wohltätige Zwecke aufmerksam zu machen. Andererseits wird der Hype erst seit Mitte Juli mit der ALSA in Verbindung gebracht. Damals thematisierte der ehemalige Profi-Baseballspieler Pete Frates als Betroffener die Nervenkrankheit und warb mit der Ice Bucket Challenge um Spendengelder. Vergangenen Freitag zog die ALSA die Bremse und meldete auf ihrer Facebook-Seite das "Aus" für die Ambitionen auf die Markenrechte: Man habe nur eine "missbräuchliche Nutzung" verhindern wollen, hieß es.

Die Liste der spendenfreudigen Prominenten kennt derzeit jedenfalls kein Ende. Der britische Physiker Stephen Hawking, das vielleicht bekannteste ALS-Opfer, überließ das Kübeln im Übrigen - wenn auch gesundheitsbedingt - völlig unaufgeregt seinen drei Kindern. (ch, derStandard.at, 2.9.2014)