Wien - Bundeskanzler, Nationalratspräsidentin, sieben Minister, drei Landeshauptleute, alle Oppositionschefs, fast die gesamte Wiener Stadtregierung, ein Kardinal und zahlreich vertretene Prominenz aus Wirtschaft, Kunst und Medien - es war dann doch kein Staatsakt, der da Donnerstagabend im Wiener Belvedere über die Bühne ging, sondern "nur" der 10. Geburtstag der Gratiszeitung "Heute".

Am 6. September 2004 erschien die erste Ausgabe der Zeitung. Zum runden Jubiläum luden nun "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand und ihr Geschäftsführer Wolfgang Jansky zum Fest, und die Spitzen der Republik folgten dem Ruf. Was der "Heute"-Familie eine "geile Geburtstags-Party" war, die von Herausgeberin Dichand höchstpersönlich via Twitter (@EvaDichand) mit zahlreichen Selfies gefeiert wurde, ist Kritikern ein Sittenbild des polit-medialen Komplexes der österreichischen Bundeshauptstadt, war doch die zehnjährige Erfolgsgeschichte des Gratisblattes stets mit Kritik an den engen Banden zwischen "Heute" und Politik verknüpft.

Aus der Selfie-Parade von Eva Dichand


Fast ein Staatsakt

Dossier: "Im Netz der Gratiszeitung"

Das Internet-Rechercheportal Dossier veröffentlichte denn auch am Freitag erste Teile einer zehnteiligen Serie über Gründung und Aufstieg von "Heute". Titel: "Im Netz der Gratiszeitung". Darin zeigen die Dossier-Macher angebliche Verbindungen zwischen der Wiener SPÖ und "Heute" sowie dem Umfeld des früheren Wiener SPÖ-Wohnbaustadtrats und heutigen Bundeskanzlers Werner Faymann zum Gratisblatt auf. Nach dem ersten Teil sollen in den nächsten Tagen die weiteren folgen.

So berichtet Dossier etwa, dass die "Heute"-Verlagsgesellschaft AHVV bereits im zweiten Geschäftsjahr 2005 positiv bilanzierte und sich die Gesellschafter über die vergangenen zehn Jahre 38,5 Millionen Euro an Gewinnen ausgeschüttet hätten. Hinter dem Unternehmen stehen die Pluto Privatstiftung mit Eva Dichand und ihrem Bruder als Stifter sowie die Periodika Privatstiftung. Dass die Gratiszeitung von der SPÖ finanziert worden sei oder werde, hat Dichand in der Vergangenheit immer wieder dementiert und zurückgewiesen.

Inserate

Dossier berichtet dazu in seiner aktuellen Serie, dass eine Erhebung sämtlicher Anzeigen der Jahre 2004 bis 2014 in "Heute" gezeigt hätte, dass die bis Ende 2010 von der SPÖ allein regierte Stadt Wien gemeinsam mit ihren Unternehmen größter Anzeigenkunde des Blattes sei. Demnach seien - ohne mögliche Rabatte - Anzeigen im Wert von rund 41,5 Millionen Euro in "Heute" geschalten worden. Und insgesamt inserierten öffentliche Stellen bzw. Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren sogar rund 84 Millionen Euro in der Gratiszeitung, so Dossier. Fünf Millionen seien aus Ressorts und Firmen gekommen, für die Werner Faymann letztverantwortlich gewesen sei, schreibt die Online-Plattform. Dossier hatte bereits im Herbst 2012 Rechercheergebnisse veröffentlicht, wer wie viel in den Jahren 2004 bis Ende 2011 inseriert hatte.

Rechtliche Schritte angedroht

Eva Dichand war am Freitag vorerst nicht für eine Stellungnahme erreichbar, gegenüber Dossier wies sie jedoch eine Nähe zur oder Finanzierung durch die SPÖ bereits vor einigen Tagen zurück. "Sollten Sie dies oder ähnliche behaupten, oder auch nur suggerieren, kommt das einer dezidiert gewollten Rufschädigung gleich und wir werden rechtliche Schritte ergreifen ... Das Unternehmen wurde und wird stark von Dr. Eva Dichand als Herausgeberin geprägt. Eine besondere Nähe kann man ihr wohl kaum unterstellen", zitiert Dossier aus einem Mail Dichands von Ende August.

Jansky spricht von "Falschmeldungen"

Verärgert reagierte am Freitag "Heute"-Geschäftsführer Wolfgang Jansky. Die Zahlen seien nicht nachvollziehbar. "Wir weisen diese gebetsmühlenartige Wiedergabe von Falschmeldungen zurück", sagte Jansky zur APA. Auch punkto Eigentumsverhältnisse gebe es keine Geheimnisse. "Heute" habe seine Eigentümerstruktur bereits vor zwei Jahren offengelegt, dies sei auch von der Wettbewerbsbehörde geprüft und für in Ordnung befunden worden. "Das ganze ist eine Beleidigung für unsere Mitarbeiter, die täglich einen guten Job machen", so Jansky.

13,8 Prozent Reichweite

Die Gratiszeitung "Heute" legte in den vergangenen zehn Jahren jedenfalls eine eindrucksvolle Erfolgsstory auf dem österreichischen Zeitungsmarkt hin. "Heute" kommt laut Media-Analsyse auf eine nationale Reichweite von 13,8 Prozent und eine Million Leser. In Wien ist das Blatt mit 39,2 Prozent Reichweite und 582.000 Lesern größte Tageszeitung und liegt inzwischen dank hoher Auflagen und behördenseitig geebneter Vertriebswege klar vor der "Kronen Zeitung", die von Eva Dichands Ehemann Christoph geführt wird.

Keine unwichtigen Details

Und Dichand sieht den Zenit im 10. Jahr von "Heute" noch nicht erreicht. Die Zeitung treffe den Zeitgeist der Österreicher, erklärte sie erst kürzlich anlässlich der Veröffentlichung der Zahlen der Auflagenkontrolle und der Media-Analyse in Superlativen: "Journalismus, der sich nicht mit unwichtigen Details aufhält, der klar sagt, was Sache ist, und nie um den heißen Brei herumredet. Journalismus, der Dinge auf den Punkt bringt. Unser Prinzip der Verdichtung wird täglich gelebt und zeigt, was moderner Qualitätsjournalismus, wie ihn 'Heute' versteht, leisten kann." (APA, red, 5.9.2014)