Sehr schade. Der Rücktritt von Franz Welser-Möst als Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper hinterlässt eine ziemliche Lücke. Nicht nur dass Direktor Dominique Meyer ganze 34 Abende dieser Saison mit neuen Maestri bestücken muss. Welser-Mösts starke Hauspräsenz nicht nur bei Premieren, sondern auch im Opernalltag war ein Mitgarant für Qualität. Welser-Möst war sich nicht zu schade, falls nötig, spontan bei Vorstellungen einzuspringen. Und er hatte dazu Potenzial und Werkkenntnis. Wie Meyer nahm er das Wort "Repertoiretheater" ernst und sorgte dafür, dass auch ganz normale Abende mitunter Glanz versprühten. Schade, dass er alles hinwirft.

Dass es im künstlerischen Bereich Differenzen zwischen ihm und Meyer geben musste, war ob des Modells "Doppelspitze" bald klar. Auch wenn der Direktor Letztentscheider in Sachen Künstlerengagements ist, ist es logisch, dass ein Musikdirektor mit Gestaltungswillen auch Grundsätzliches mitentscheiden will. Dafür nährte das letztlich doch amikale Verhältnis zwischen den beiden die Hoffnung, Differenzen würden produktiv gelöst. Offenbar unmöglich - wodurch auch das Tandemmodell fragwürdig erscheint.

Deshalb: Welser-Möst hinterlässt eine Lücke, die nicht zwingend durch eine Person geschlossen werden muss. Ein Ambitionierter würde womöglich ähnliche Probleme wie Welser-Möst bekommen. Oder es käme ein anspruchsfreier Jasager. Beides braucht die Staatsoper nicht. (Ljubisa Tosic, DER STANDARD, 6.9.2014)