Wien - Wenn Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag in den Südkaukasus aufbricht, kann ihn die "Presse"-Berichterstatterin Jutta Sommerbauer nur nach Armenien und Georgien begleiten. Aserbaidschan verweigerte ihr das Visum. Auch wegen ihrer Aserbaidschan-kritischen Artikel, sagt Sommerbauer. Die aserbaidschanische Botschaft führt eine nicht genehmigte Reise nach Bergkarabach ins Treffen.
Das Außenministerium konnte trotz Interventionen gegen die Ablehnung des Visums nichts ausrichten. "Die Entscheidung darüber, ob ein Journalist bzw. eine Journalistin ein Journalistenvisum für die Einreise erhält, liegt einzig und allein bei den aserbaidschanischen Behörden", erklärte ein Ministeriumssprecher gegenüber der APA. "Ganz grundsätzlich wird das Thema Pressefreiheit aber jedenfalls Teil der Gespräche in Aserbaidschan sein", wurde betont.
In der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik Aserbaidschan herrscht seit 2003 Staatschef Ilham Alijew in der Nachfolge seines Vaters autokratisch. Während seine Anhänger die Stabilität und den wirtschaftlichen Aufstieg des rohstoffreichen Landes hervorstreichen, prangern Kritiker eingeschränkte Bürgerrechte sowie Presse- und Versammlungsfreiheit, Unterdrückung der Opposition, Willkürjustiz und die Inhaftierung politischer Gegner an. Aktivisten beklagen, dass seit dem Vorjahr eine neue Welle der Repressionen gegen Menschenrechtler und Journalisten mit Verhaftungen und Verurteilungen unter konstruierten Vorwürfen läuft.
Reuebrief verweigert
Die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region Bergkarabach (Nagorny-Karabach), die nach wie vor völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört, sowie weitere Teile aserbaidschanischen Territoriums kontrolliert allerdings nicht Alijew, sondern Armenien: seit einem Krieg mit dem Nachbarn 1992-94. Der Konflikt ist ungelöst.
Wie Sommerbauer der APA sagte, reiste sie - weil anders nicht möglich - 2011 über Armenien nach Bergkarabach. Sie schrieb eine Reportage darüber. Im Jahr darauf erhielt sie problemlos ein Visum für Aserbaidschan - nicht mehr aber 2013. Bei einem Gespräch in der aserbaidschanischen Botschaft in Wien sei ihr dann plötzlich der Aufenthalt in Bergkarabach, der zuvor kein Problem gewesen war, aber auch ihre Berichte über Aserbaidschan, die auf Basis von Informationen "der falschen Leute" entstanden seien, vorgehalten worden. Einen geforderten Reuebrief habe sie verweigert, so Sommerbauer.
Vor der Reise von Kurz und Beantragung des Visums hatte Sommerbauer das Außenministerium von ihren früheren Problemen mit der Botschaft unterrichtet. Im Ministerium ging man allerdings davon aus, nichtsdestotrotz ein Visum für die Journalistin zu erhalten. Dann folgte jedoch die unwiderrufliche Zurückweisung. Die aserbaidschanischen Behörden bestünden auf einer Entschuldigung für die Einreise nach Bergkarabach, sagte Sommerbauer. "Klar, dass es sich aber auch um die Berichterstattung dreht."
Falschangabe angeführt
Ein Sprecher der Botschaft wies das zurück. Mit dem Inhalt von Sommerbauers Artikeln habe die Ablehnung des Visumantrags nichts zu tun. "Uns ist wichtig, dass unsere Gesetze eingehalten werden." Die "Presse"-Reporterin sei nicht nur ohne Genehmigung der aserbaidschanischen Behörden illegal nach Bergkarabach gereist, sie habe auch bei ihrem Antrag 2013 die falsche Angabe gemacht, bisher nicht in Bergkarabach gewesen zu sein. Sommerbauer bestätigt diese Falschangabe, die sie bei dem Gespräch in der Botschaft auch einräumte. Auch wenn die Führung in Baku keine Kontrolle über die Region habe: "Wenn jemand nach Bergkarabach möchte, muss er zu uns kommen. Über Armenien - das geht nicht, das verletzt aserbaidschanische Gesetze", betonte der Botschaftssprecher.
Man sei ohnehin Sommerbauer entgegengekommen, indem man sie nicht auf eine schwarze Liste von Personen gesetzt habe, die überhaupt nicht mehr in Aserbaidschan einreisen dürfen. Sollte Sommerbauer wieder einmal ein Visum beantragen, werde man erneut prüfen und dann entscheiden. Ob dann eine Entschuldigung für ein Ja Voraussetzung ist, darauf wollte sich der Sprecher nicht festlegen und signalisierte damit, dass es neben den Buchstaben des Gesetzes für die aserbaidschanischen Stellen einen gewissen, offenbar willkürlichen Spielraum gibt. (APA, 7.9.2014)