Wien - Noch nie war die Biologie so spannend wie heute, stellte der Genetiker und Wittgenstein-Preisträger Josef Penninger im Rahmen eines vom Wissenschaftsministerium veranstalteten "Science Talk" am Montag Abend in Wien fest. "Wer heute kein Biologe werden will, ist selber schuld", meinte der Chef des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA).

"Es passiert so viel: Epigenetik (Anm.: behandelt die Frage, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und damit die Entwicklung der Zelle festlegen), Optogenetik (Anm.: Kontrolle von genetisch modifizierten Zellen mittels Licht), oder die Möglichkeiten, die die neuen Technologien der Gensequenzierung bieten", so der Forscher. Was Österreich brauche, um endlich wieder einen Nobelpreis in Wissenschaft und Forschung an Land ziehen zu können - so das eigentliche Thema des Abends? Eine klare Vision und Positionierung seitens der Politik und damit einhergehend eine drastisch höhere Ausstattung des Wissenschaftsfonds FWF. Auch Steuerabschreibungen für Großspenden an Universitäten seien eine Möglichkeit.

"Man muss jungen Talenten kompetitiv genug Geld geben, sie brauchen spirituelle Freiheit, flache Hierarchien und eine 'Spielwiese', wo sie sich entfalten können", erklärte Penninger. Am IMBA würden Forscher dieses Umfeld vorfinden und letztlich Erfolgsgeschichten wie jene des Stammzellenforschers Jürgen Knoblich, Mitentdecker der asymmetrischen Zellteilung, hervorbringen.

Berufsbild des Forschers schaffen

Das fehlende Berufsbild des Forschers kritisierte die Mathematikerin Veronika Schöpf vom Institut für Psychologie an der Universität Graz. Die in Österreich "kaum mögliche" High-Risk-Forschung bemängelte Daniela Pollak vom Institut für Neurophysiologie und Neuropharmakologie an der Medizinischen Universität Wien und plädierte dafür, der Grundlagenforschung wieder mehr Raum einzuräumen.

"Wer exzellente Leute will, muss auch für eine exzellente Infrastruktur sorgen - vom Hausmeister bis zum Techniker", stellte Ulrich Technau, Leiter des Departments für Molekulare Evolution und Entwicklung an der Universität Wien, fest. Beim Einrichten eines Labors müsse man derzeit um jede Steckdose streiten: "Ich werde hier schön langsam zum Bauingenieur."

Abbau bürokratischer Hürden für Ausländer

Angesprochen auf die bürokratischen Hürden für Forscher, meinte die für Forschung zuständige Sektionschefin im Wissenschaftsministerium, Barbara Weitgruber, dass man das Problem erkannt habe und gemeinsam mit Innen- und Sozialministerium an einer Lösung arbeite. Teil der kommenden Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten sei zudem eine "Willkommenskultur" ebenso wie verbesserte Karriereperspektiven. Einige Unis würden auch bereits auf Englisch als Arbeitssprache umstellen. In punkto privates Geld für Forschung - Stichwort Stiftungsgesetz - sieht sie derzeit "viel in Bewegung. Es ist ein Wandel im Gang". (APA, 09.09.2014)