Caroline Peters (43) ist Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater. Dienstags, 20.15 Uhr, ermittelt sie derzeit wieder in der ARD in der Krimireihe "Mord mit Aussicht".

Foto: ARD/Boehne

Caroline Peters.

Foto: ARD/Boehne

STANDARD: Wenn Sie einem Österreicher die Serie "Mord mit Aussicht“ schmackhaft machen wollen, was würden Sie sagen?
Peters: Er bekommt einen Einblick in für den österreichischen Fernsehzuschauer sehr fremde Kulturen, nämlich das ehemalige Westdeutschland. In der Serie sieht vieles so aus, wie es in meiner Kindheit überall war. Da gibt es Menschen, über die man lachen muss, obwohl sie Deutsche sind.

STANDARD: Das hat in Deutschland großen Erfolg, in Österreich waren die Quoten nicht berauschend. Ihre Erklärung?

Peters: Für einen Österreicher ist die Serie wahrscheinlich so exotisch, wie für mich Braunschlag war. Die Idee und die Figuren kann man aber überall mögen.

STANDARD: Als Laie stellt man sich das Drehen als Riesenspaß vor. Ist das so?

Peters: Das ist es leider nicht. Wir haben sehr wenig Zeit. Dadurch sind wir meistens angespannt, eilig und konzentriert. Das Proben passiert eher am Rande, und das ist wie im Theater meistens gar nicht lustig, weil man so ernst wird, wenn man eine gute Pointe erreichen will.

STANDARD: Die langen Einstellungen sind Teil des Erfolges, sagten Sie einmal. Weil sich in einer Szene, in einem Bild so viel abspielt.

Peters: Die Zuseher sitzen mittlerweile vor Riesenfernsehgeräten. Was kann denn so ein Gesicht auf Dauer erzählen? Wie jemand ein Glas hält, kann ja auch etwas aussagen. Im Fernsehen geht es immer ums Sparen, und natürlich ist es billiger, nur den Kopf zu beleuchten – abfotografieren, fertig, andere Szene. Der spielerische Ehrgeiz wächst mit der Größe des Bildausschnittes.

STANDARD: Wo haben Sie sich da in der neuen Staffel ausgetobt?

Peters: Es gibt eine ganz tolle Bauerntheatersequenz, die Hengascher Bürger führen ein Laientheaterstück auf. Sie haben das in einem durchgespielt, dieselbe Szene ungefähr 14 Mal hintereinander, Sophie Haas musste nur zuschauen, aber ich bin wirklich gestorben vor Lachen.

STANDARD: Filmschaffende klagen in Deutschland oft über Bevormundung durch Redakteure. Wie läuft das hier ab?

Peters: Unterschiedlich. Mal operiert man als Maulwurf. Dann zieht man die Sache knallhart durch, obwohl sie von niemandem abgesegnet wurde. Weil man weiß, dass sie nicht genug Geld haben, um die Szene noch einmal zu drehen. Dann kriegt man Abmahnungen.

STANDARD: Haben Sie schon eine?

Peters: Ja ja. Das bedeutet gar nichts, höchstens unangenehmen E-Mail-Verkehr. Es reden halt so wahnsinnig viele Menschen mit im deutschen Fernsehen. Immer wenn ganz viele von denen auf Urlaub sind, ist das gut für uns.

STANDARD: War der ORF schon einmal bei Ihnen und hat angefragt?

Peters: Nein, aber ich würde sofort mitspielen, wenn es eine gute Rolle ist. Ich habe das Gefühl, Österreich ist im Moment das viel bessere Filmland als Deutschland. Die Stimmung unter den Film- und Fernsehmachern ist produktiver.

STANDARD: Würden Sie selbst gerne Drehbuch schreiben?

Peters: Ich würde gerne produzieren und schreiben. Auf jeden Fall wäre es ein Spielfilm. Ich habe mit mehreren Sachen angefangen und habe schon versucht mit Exposes einen Produzenten zu finden. Das ist bisher relativ schwierig gewesen. Ich habe "Drei Wege zum See“ von Ingeborg Bachmann fürs Kino bearbeitet.

STANDARD: Wie viel von Caroline Peters steckt in Sophie Haas?

Peters: Schon einiges. Dass man aus der Stadt aufs Land kommt und denkt: Was ist mit euch los, warum seid ihr so? Das kenne ich. Als ich von Köln nach Saarbrücken zum Studium kam: Das war wirklich so unglaublich unter meiner persönlichen Würde. Ich fand alles absurd. Den Dialekt, die Öffnungszeiten…

STANDARD: Dann muss es Ihnen in Wien aber auch eigenwillig gehen?

Peters: Als ich hierher kam, war ich zum Glück schon erwachsen. Wien hat den enormen Vorteil, dass es so sagenhaft schön ist.

STANDARD: Das Burgtheater ist nach wie vor ein guter Platz zum Arbeiten?

Peters: Es war ein harter Platz dieses Jahr, und es hat der Herbst auch sehr traurig begonnen mit der Trauerfeier für Gert Voss. Aber ich finde am Burghteater und am Akademietheater unschlagbar, dass es ein Publikum gibt, das alles sehen will. Nicht, dass sie immer alles mögen, sondern dass sie immer kommen.

STANDARD: Und wie lange wird es "Mord mit Aussicht" geben?

Peters: Die ARD schaut zuerst, wie es läuft und dann gibt es die Entscheidung. Es spielt aber für mich auch eine Rolle, wie die Arbeitsbedingungen aussehen. Der Alltag wird immer härter. Früher kamen beim Film nach einem Tag zwei Minuten sendefähiges Material heraus. Als wir mit der Serie angefangen haben, waren wir bei vier Minuten, jetzt sind wir bei acht bis zehn. Das soll aber dieselbe Qualität haben. Vielleicht kann man das machen, aber nicht mit mir. Ich brauche einen ganz kleinen Hauch von Zeit, wenn ich das mache.

STANDARD: Wie schaut ein Drehtag aus?

Peters: Er dauert 14 Stunden. Es geht um sechs los, fährt eine Stunde Auto, sitzt eine Stunde in der Maske, dann wird gedreht. Um 20 Uhr ist man wieder zu Hause und lernt den Text für den nächsten Tag. Eine Staffel hat 120 Drehtage, jeweils 30 am Stück. Das ist schon ein sehr straffes, sportliches Programm.

STANDARD: In Österreich werden Sie schon als Sophie Haas erkannt?

Peters: Nein. Obwohl ich unlängst in der Apotheke war und da sehr lange in meiner Handtasche nach meinem Portemonnaie suchte, sagte die Apothekerin: Gell, das hätten’s jetzt schon gerne, dass Ihre beiden Kollegen Ihnen beim Suchen helfen. Süß.

STANDARD: Für Ihre Rolle wurden Sie mit Lob überschüttet. Macht das resistent gegen Kritk?

Peters: Nein, leider nicht. Ich spiele ja auch Theater, und live ist das noch unmittelbarer und extrem unberechenbar. Für mich ist es dann so interessant, dass die einzelnen Vorstellungen so unterschiedlich sein können, so dass man mit demselben Stück beglückende und beschämende Erfahrungen sammeln kann. Es gibt immer mal einen Abend dazwischen, der misslingt und wo danach alle auf der Bühne stehen und sich fragen: Was haben wir denn heute so anders als gestern gemacht?

STANDARD: Trotzdem sagen Sie, Schauspielen ist Therapie. Schocktherapie?

Peters: Therapie ist falsch gesagt, aber es befreit einem oft von so vielem. Dass man wahnsinnigen Liebeskummer hat, muss zur Vorstellung, denkt vor: ich sterbe, ich kann nicht auf die Bühne, bitte jetzt nicht noch Licht auf mich. Danach hat man's komplett vergessen. Das Sich-entäußern tut wahnsinnig gut. (Doris Priesching, DER STANDARD, 13./14. September; Langfassung)