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Jack steht schon im Wachsfigurenkabinett der Madame Tussaud in Berlin. Die echt gefährlichen Piraten umgeben uns auch zu Lande.

Foto: dapd

Jeder kennt zumindest einen "Energievampir“ in seinem näheren Umfeld – im Job oder im Familien- oder Bekanntenkreis. Der Autor und Motivationsforscher Gerhard Furtmüller teilt diese Erfahrung mit seinen Lesern – er nennt sie aber "Energiepiraten" und hat diese in seinem gleichnamigen Buch sogar typologisiert.

Zum Beispiel: Der Liegestuhlreservierer zählt zu den Synonymen für "Menschen, die uns zur Weißglut bringen (...) Menschen, die uns das Leben mit ihrem ständigen Gejammer oder ihrer überzogenen Selbstzentriertheit schwermachen".

Neben dem Liegestuhlreservierer werden im Buch noch der Besserwisser, der Vorgesetztenlächler, der Schleimer, der Choleriker, der Kontrollfreak, der Grantler, der beziehungsgestörte Mensch und der Fassadenmanager genannt beziehungsweise analysiert – eine endlos fortführbare Liste an charakterlichen Ausprägungen, die Kraft kosten.

Der Autor hält sich an die Definition des Stanford-Professors Robert Sutton, wenn er meint, dass man viele dieser Charaktere durchaus berechtigt als "Arschlöcher" kategorisieren könne. Der Amerikaner hat den Kraftausdruck bereits einige Jahre vor der Publikation seines Bestsellers "Der Arschloch-Faktor" (2007) in den dortigen akademischen Kreisen offenbar salonfähig gemacht. Der Autor versucht sich da an einem differenzierten Ansatz.

Es gibt eine Lösung

Die Diskussionen rund um Suttons Publikationen, so Furtmüller sinngemäß, beinhalten nämlich wenig konstruktive Lösungsvorschläge. Energiepiraterie begrenzt er auch nicht nur auf Personen, sondern weitet den Begriff auf Strukturen, Organisationsformen, aber auch Institutionen aus: Unternehmen, die Regeln und Vorschriften wie ein Korsett über ihre Mitarbeiter legen und so jegliche Lust an Weiterentwicklung und Kreativität sowie Produktivität ersticken, seien ebenso Energieräuber wie die persönliche Haltung zu bestimmten "Bezugspersonen" – er vergleicht das mit dem Zahnarztbesuch, den kaum jemand als angenehm empfindet.

Mit dieser ausführlichen Beschreibung von Situationen – immer wieder ziehen sich kurze, aus dem Alltag gegriffene Szenen durch das Buch – als Grundlage widmet sich der Autor am Ende des Buches verschiedenen Möglichkeiten der Lösung für das individuelle Problem, beginnend mit "Gelassenheit üben".

So bringe beispielsweise die genaue Beobachtung des Verhaltens eines Mobbers nicht nur eine distanziertere Haltung, sondern auch eine gewisse Faktenlage hervor, mit der man als quasi Angegriffener arbeiten könne – zum Beispiel mit Zurückschlagen im Sinne von Anzeigen.

In weniger schlimmen Fällen erlaube diese Haltung auch, ganz pragmatisch darüber nachzudenken, ob es sich überhaupt lohnt, Energie in eine mögliche Verhaltensänderung des Gegenübers (zum Beispiel) zu stecken. Was Furtmüller nämlich deutlich macht, ist: Es gibt Dinge, die sind nicht oder nur sehr schwer veränderbar. Das heißt: Anstatt zu versuchen, Energie in etwas zu stecken, das keine positiven Aussichten verheißt, mahnt er zu mehr gesundem Egoismus beziehungsweise dazu, sich selbst zu fragen, was wirklich wichtig ist. (haa, DER STANDARD, 13./14.9.2014)