Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl ist, wie er in der ZiB 2 am Mittwochabend wiederholte, gegen Sanktionen der EU und für "eine diplomatische Lösung" mit Russland.

Ob er weiß, dass alleine Angela Merkel über 30-mal mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Angelegenheit telefoniert hat? Ganz abgesehen von den anderen Europäern und dem US-Präsidenten und zig Emissären, Vermittlern und all den anderen, die mit Putin eine "diplomatische Lösung" gesucht haben? Mit dem Ergebnis, dass Putin zuerst die Krim eingesackt hat, dann die von ihm unterstützten Separatisten in der Ostukraine durch massiven Einsatz russischen Geräts und russischen Militärs vor der Niederlage rettete?

Ob Christoph Leitl und andere, die eine diplomatische Lösung fordern, sich einmal Gedanken über Putins Denkmuster gemacht haben? Über diese über Jahre aufgebaute Nostalgie nach dem Sowjetreich plus delegitimierende Äußerungen über Nachbarstaaten (2008: "Ukraine ist kein Staat"; jetzt: "Kasachstan ist kein Staat")? Über militärisches Eingreifen gegen Georgien und Zündeln auf der Seite Armeniens gegen Aserbaidschan?

Natürlich gibt es nur eine "diplomatische Lösung", Krieg gegen Russland ist unmöglich. Aber es sollte schon klar sein, dass diese Lösung nicht nach Putins Muster ablaufen darf: "Was mein ist, ist mein, und über das, was dein ist, verhandeln wir." (Hans Rauscher, DER STANDARD, 12.9.2014)