Bild: Nintendo

Als Beobachter der österreichischen Videospiellandschaft musste man in den vergangenen zehn Jahren mehr Einsparungen und Abgänge großer Studios miterleben, als Investitionen und Neugründungen.

2006 kriselte es international bei "Grand Theft Auto"-Herausgeber Take-Two, worauf kurzerhand Rockstar Vienna geschlossen und über Nacht fast 100 Angestellte vor die Tür gesetzt wurden. Die Neuübernahme des Studios durch Deep Silver überdauerte immerhin die Entwicklungszeit des Titels "Cursed Mountain", doch Anfang 2010 war es auch mit Deep Silver Vienna zu Ende. Im gleichen Jahr zog sich Electronic Arts aus Österreich zurück. Die PR- und Marketing-Agenden sollten künftig von Deutschland aus betreut werden. Einige Jahre später wurde für die PR-Aufgaben dann eine Wiener Agentur engagiert. Ein ähnliches Schicksal ereilte Sony PlayStation, dass nach dem verpatzten PlayStation-3-Start das österreichische Team massiv reduzierte und heute lokale Aufgaben teils von der Sony-Zentrale in Wien aus und über eine PR-Agentur und teils von Deutschland aus steuert. Und 2011 musste nach 16 Jahren das Ebenseer Studio JoWooD Insolvenz anmelden. Danach wurde es zumindest partiell von Nordic Games übernommen.

Kleines Lebenszeichen

Nintendo wiederum war nie persönlich in Österreich vertreten. Drei Jahrzehnte lang wurden der Vertrieb und das Marketing von der Salzburger Firma Stadlbauer geführt, die bereits 1979 die Rechte dafür erworben hatte. Angesichts der zahlreichen Einsparungen und Schließungen der vergangenen Jahre war es daher umso erstaunlicher, als der japanische Konzern im Februar 2014 die Gründung einer eigenen Österreich-Niederlassung in Wien bekanntgab. Im März hätte es ursprünglich losgehen sollen, zum Sommerende wurde das sechsköpfige Team für Vertrieb, Marketing und PR schließlich komplettiert.

Es ist zwar kein Entwicklungsstudio und es werden nicht dutzende neue Arbeitsplätze geschaffen, trotzdem ist es ein wichtiges Lebenszeichen für den heimischen Standort.

Kontaktaufnahme

Wie viele andere Unternehmen hätte man Stadlbauers ehemalige Bereiche auch von Deutschland aus oder über eine Agentur steuern können. Dass man in eine eigene Mannschaft investiert, zeigt, dass man den österreichischen Markt fest in den Griff bekommen möchte.

"Ein Teil dieser Strategie ist es, dass wir uns stärker auf dem wachsenden österreichischen Markt engagieren wollen. Das wiederum können wir am besten mit einem eigenen Team leisten, das sich zu 100 Prozent dieser Aufgabe widmet", sagt Bernd Fakesch, General Manager Nintendo Deutschland, im Februar in einer Stellungnahme. "Die Gründung eines eigenen Büros zeigt, wie wichtig uns Österreich heute und in Zukunft ist."

In einem Gespräch vergangene Woche in der STANDARD-Redaktion bekräftigte der neue PR- und Event-Coordinator Hanns Peter Glock, ehemals Redakteur bei consolAT, diese Ambitionen allein dadurch, dass die großen Medien in Österreich nun eine direkte Ansprechperson seitens Nintendos haben, die nur für den heimischen Markt zuständig ist. Das dürfte aus Sicht der Journalisten die Informationsgewinnung beschleunigen. Eines der ersten größeren Projekte für das junge Team wird der Auftritt auf der Game City vom 10. bis 12. Oktober im Wiener Rathaus sein. Was darüber hinaus wartet, darf noch nicht verraten werden.

Hoffnung für den Markt

Wenngleich die meiste Arbeit in Synchronisation mit der Europa-Zentrale in Deutschland vonstattengeht und Nintendo Austria über Marketing, PR und Vertrieb hinaus noch keinen Verantwortungsbereich innehat, besteht nun wenigstens so etwas wie Hoffnung darauf, dass auch die lokale Entwicklerszene langfristig davon profitiert.

Denn Talente und unabhängige Studios gibt es trotz Abwesenheit der ganz großen Spielentwickler viele: Angefangen von mittelgroßen Firmen wie Sproing, Ovos oder Bongfish bis hin zu ein oder zwei Mann-Teams wie das mit "Blek" international bekannt gewordene Studio Kunabi Brother oder der "Ace Ferrara"-Schöpfer Philipp Seifried. Wenngleich nicht alle die Zusammenarbeit mit großen Publishern suchen, kann ein Kontakt zu den wenigen lokalen Vertretern von Microsoft, Sony oder Ubisoft neue Chancen ermöglichen. Bleibt zu hoffen, dass nun auch Nintendo die österreichische Games-Landschaft bereichert - sei es durch Partnerschaften, lokale Events oder gar Branchenveranstaltungen - und nach den Jahren des Rückzugstrends noch mehr internationale Studios davon überzeugen kann, diesen kleinen, aber kaufkräftigen Markt ernster zu nehmen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 13.9.2014)