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Der irakische Präsident Fuad Massum (links) mit dem saudischen Außenminister Prinz Saud al-Faisal und dem irakischen Chefdiplomaten Ibrahim Jafari (rechts).

Foto: AP / Michel Euler

Paris/Bagdad/Wien - Die schwierigste Rolle bei der Pariser Anti-IS-Konferenz kam dem irakischen Präsidenten Fuad Massum zu, und nicht nur, weil es neben Syrien - dessen Präsidenten man nicht einladen kann - der Irak ist, der teilweise vom "Islamischen Staat" (IS) besetzt ist. Es heißt, dass Massums Reise nach Paris bis zuletzt auf Messers Schneide stand: Es war für ihn nicht einfach, an einer Konferenz teilzunehmen, aus der der Iran ausgeschlossen blieb, der bei der IS-Bekämpfung im Irak eine große Rolle spielt. "Eine ungewöhnliche Partnerschaft zwischen irakischen und kurdischen Soldaten, iranisch-unterstützten schiitischen Milizen und US-Kampfjets" - so beschreibt es die "Los Angeles Times" - durchbrach etwa die IS-Blockade der Stadt Amerli und rettete die dort eingeschlossenen schiitischen Turkmenen. An den internationalen Anti-IS-Tisch darf der Iran aber nicht.

Teheran ließ Maliki fallen

Für Massums Dilemma muss man auch die jüngsten politischen Rochaden im Irak verstehen: Er kam als irakischer Staatspräsident nicht zuletzt deshalb zum Zug, weil er für die Iraner eine beruhigende Kontinuität nach Jalal Talabani bedeutet. Das erleichterte es Teheran, Nuri al-Maliki - der die heutige Krise mitverursacht hat - fallenzulassen. Und nur dadurch konnte Massum den neuen Premier Haidar al-Abadi mit der Regierungsbildung beauftragen, obwohl Maliki damals noch nicht aufgegeben hatte.

Andererseits sehen sich natürlich die irakischen Sunniten von dem Einfluss und der Präsenz der Iraner - namentlich des al-Quds-Kommandanten Ghassem Suleimani, der auch in Amerli vor Ort gewesen sein soll - bedroht. Auf Metaebene hat eine sunnitische Allianz, die mit den USA kooperiert, Schwierigkeiten, auch die (schiitischen) Iraner einzubeziehen. Das ist schlecht für die PR unter den Sunniten. Auch Bashar al-Assad - abgesehen davon, dass er wegen des Aufstands in Syrien als Partner gegen den IS inakzeptabel ist - kommt ja schon aus konfessionellen Gründen nicht infrage. Die Sunniten wollen sich als Sunniten gegen den "Islamischen Staat" stellen - den Schluss, dass eine historische Versöhnung mit der Schia und eine Korrektur ihrer Sicht auf andere Glaubensgemeinschaften notwendig wäre, haben die wenigsten.

Iranisches Quidproquo

Und da ist auch noch der ungelöste Atomstreit zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft: Auch die Amerikaner befürchten, dass Teheran für seine Kooperation gegen den IS mit Konzessionen bei den Verhandlungen, die diese Woche in New York fortgesetzt werden und von Israel und den Golfarabern skeptisch gesehen werden, mit Zugeständnissen belohnt werden will.

Fuad Massum - übrigens ein sunnitischer Kurde - ist aber auch auf der anderen Seite in der Bredouille: Wenn nun Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten anbieten, im Irak auch militärisch einzugreifen, dann mobilisiert das die radikalen Schiiten, die ohnehin den Anti-IS-Kampf für ihre eigene Agenda gegen die Sunniten nützen. Das schiitische Narrativ im Irak ist, dass Saudi-Arabien und die anderen arabischen Golfstaaten die irakischen Sunniten gegen Bagdad aufgehetzt und unterstützt haben - was, wenn diese Sunniten jetzt mit dem "Islamischen Staat" kooperieren, einer Unterstützung desselben gleichkommt.

Fuad Massum kam in einem Interview mit AP Teheran zweifach entgegen: Er bedauerte, dass der Iran nicht zur Pariser Konferenz eingeladen war, und er bezeichnete das arabische militärische Eingreifen als "nicht nötig". Von den Golfarabern erwartet der Irak, dass sie auf die irakischen Sunniten einwirken und dafür sorgen, dass aus ihren Ländern kein Geld mehr an Extremisten kommt. Aber die neue Regierung in Bagdad müsste auch das Ihre dazu tun, dass die Sunniten wieder Vertrauen in den Irak bekommen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 16.9.2014)