Bremen - In Zeiten zunehmender Antiobiotikaresistenz ist es wichtig zu verstehen, wie Antibiotika verordnet werden - und ob dies zu häufig geschieht. Eine Studie im EU-Projekt "Aritmo" untersuchte die Vergabe von Antibiotika an Kinder und Jugendliche in fünf europäischen Ländern und stellte dabei intressante Unterschiede fest, wie das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) berichtet. Die Studie ist im Journal "BMC Pediatrics" erschienen.

Der Vergleich

Untersucht wurde die Antibiotikavergabe in Italien, Deutschland, England, Dänemark und den Niederlanden. In den Niederlanden ist die Verschreibungsrate mit Abstand am geringsten - sie beträgt gerade mal ein Drittel von der im Spitzenreiterland Italien. Die Wissenschafter vermuten, dass die Unterschiede nicht durch verschiedene Infektionshäufigkeiten in den Ländern, sondern durch länderspezifisches Verschreibungsverhalten verursacht werden.

Dass die Niederlande in Europa Vorreiter im sorgsamen Umgang mit Antibiotika sind, haben bereits frühere Studien gezeigt. Dort herrschen eine strikte Verordnungspolitik für Medikamente gegen Infektionskrankheiten und starke Bemühungen, Verschreibungsrichtlinien zu fördern, um Bakterienresistenzen zu bekämpfen.

Schlussfolgerungen

Aus der Beobachtung, dass die Verordnung von Antibiotika jahreszeitliche Spitzen hat, schließen die Wissenschafter, dass Antibiotika auch gegen virale Infektionen eingesetzt werden; eine falsche Anwendung also. Denn im Winter - wenn die Antibiotikavergabe eine Spitze erreicht - steigen hauptsächlich die viralen Erkrankungen an, nicht die bakteriellen.

"Insbesondere Atemwegsinfektionen und Mittelohrentzündungen werden bei Kindern bereits beim ersten Arztkontakt häufig mit Antibiotika therapiert", sagt BIPS-Forscherin Edeltraut Garbe, die Hauptautorin der Studie. "Allerdings belegen viele Studien, dass Antibiotika im Regelfall nur dann verordnet werden sollten, wenn sich die Symptome nicht in den ersten Tagen der Erkrankung bessern. Ihr breiter Einsatz fördert die Entstehung multiresistenter Keime und setzt Kinder unnötig dem Risiko von Nebenwirkungen der Arzneimittel aus." (red, derStandard.at, 16. 9. 2014)