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Lajos Simicska auf einem Archivbild aus dem Jahr 1998. Der einflussreiche Wirtschaftstreibende, der selbst viele Meiden besitzt, gilt als medienscheu.

Foto: EPA/MTI/Attila Kovacs

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Künstlerin Kriszta "Tereskova" Nagy arbeitet an einem Porträt von Premier Viktor Orbán.

Foto: Reuters/Balogh

Das gab es im Ungarn des Viktor Orbán noch nie: einen Zusammenstoß im innersten Gefüge der Macht. Der Konflikt entfaltete sich jüngst zwischen dem rechtspopulistischen Premier und seinem mächtigsten Oligarchen, Großunternehmer und Polit-Finanzier Lajos Simicska.

In den vorangegangenen vier Regierungsjahren Orbáns war immer wieder von Bereicherung des Firmenimperiums von Simicska die Rede. Das Bauunternehmen Közgép sahnte öffentliche Bauaufträge ab, die von Simicska kontrollierten Medien - darunter der Nachrichtensender Hír TV und die Tageszeitung Magyar Nemzet - erfreuten sich fetter Werbeeinschaltungen staatlicher und staatsnaher Firmen. Allein im Jahr 2012 verbuchte Közgép einen Umsatz in Höhe von umgerechnet 197 Millionen Euro und einen Reingewinn von 10,3 Millionen Euro.

Orbán und Simicska kennen sich aus dem Gymnasium in Székesfehérvár, 70 Kilometer von Budapest. In ihrer Studentenzeit lebten sie im selben Heim, besuchten dasselbe Fachkollegium. Mit der Gründung der damals liberalen Jugendpartei Fidesz wurde ihre Beziehung eine zutiefst symbiotische: Orbán riss 1993 die Macht im Fidesz an sich und warf sein politisches Talent in die Waagschale, während Simicska über finanzielle Kniffe das Geld fürs Politikmachen auftrieb.

Sorge um Pressefreiheit

Sein Firmenimperium ging aus der Privatisierung von Werbefirmen hervor und erfuhr während Orbáns erster Ministerpräsidentschaft (1998-2002) eine Stärkung. Im Gegenzug finanzierte es den Fidesz und vor allem dessen wachsenden Medienvorhof. Der Oligarch agierte im Hintergrund. Die Öffentlichkeit scheut er derart, dass seit 15 Jahren von ihm nur Paparazzi-Fotos existieren.

Nach seinem erneuten Wahlsieg in diesem Frühjahr gab Orbán zunehmend zu verstehen, dass ihm Simicska zu mächtig geworden war. Die Regierungsbildung zog sich erstaunlich lang hin. Nach und nach wurden Simicskas Leute aus den Regierungsbürokratien geschasst. Eine neue Medien-Werbe-Steuer traf nicht nur den der Orbán-Kontrolle entzogenen, zur deutschen Bertelsmann-Gruppe gehörigen Sender RTL Klub empfindlich, sondern auch Simicskas Medien. Erstmals war in diesen Kritik zu lesen, wurde "Sorge um die Pressefreiheit" artikuliert.

Tatsächlich will Orbán die Macht seines alten Freundes zurechtstutzen,um nicht in Abhängigkeit zu geraten. Das Portal 444.hu spricht von einem "veritablen Machtkampf". "Viktor Orbán hat sich für die Schaffung eines neuen wirtschaftlichen Vorhofs entschieden, was damit einhergeht, dass Simicska und sein Kreis geschwächt werden", heißt es in der Analyse. Das Ziel: die Förderung mehrerer von Orbán abhängiger Oligarchen, von denen sich keiner allein zu einem zweiten Simicska auswachsen kann. (Gregor Mayer aus Budapest, DER STANDARD, 18.9.2014)