Zurück in die Jahre vor 1995. Grenzkontrolle. Passkontrolle. Angesichts der Forderung des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll, wegen der Flüchtlingsströme wieder Grenzkontrollen einzuführen, werden sich so manche Österreicher wieder an die Jahre vor 1995 erinnern. Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter sieht hier Handlungsbedarf. Angebracht wären in dieser Angelegenheit aber keine Alleingänge, sondern eine europäische Lösung.

Die Mitgliedsstaaten müssten sich eher auf eine gemeinsame Strategie einigen. Das Hauptproblem: Jene Staaten, die keine EU-Außengrenze haben, vermeiden die Verpflichtungen gegenüber potenziellen Asylbewerbern. Klar ist, dass die Flüchtlingsströme von Afrika nach Europa nicht mit einfachen Mitteln oder Alleingängen verhindert werden können. Eine umfassende europäische Asylpolitik könnte jedoch folgendermaßen aussehen:

1. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen sich auf gewisse Mindeststandards einigen: Flüchtlinge aus Drittländern, die nicht mehr in ihr Herkunftsland zurückkehren und internationalen Schutz benötigen, müssen von allen EU-Mitgliedsstaaten akzeptiert werden.

2. Die EU muss ein System entwickeln, das die Aufteilung der Flüchtlinge regelt: Es sollte einen Schlüssel geben, nach dem Flüchtlinge unter den Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden, oder ein System des finanziellen Ausgleichs entwickelt werden für die Länder, die eine unverhältnismäßig hohe Anzahl an Asylbewerbern aufnehmen.

3. Es wird eine umfassende Kooperation mit afrikanischen Ländern nötig sein: Die Kooperation mit den afrikanischen Ländern soll nicht nur auf Entwicklungshilfe basieren, sondern auch in den Bereichen Frieden, Sicherheit, Förderung von Demokratie und Menschenrechten und auch beim Kampf gegen den Klimawandel gestärkt werden. Vor allem die Entwicklung von Frieden und Sicherheit in den afrikanischen Ländern sollte eine zentrale Rolle in einer umfassenden EU-Asylpolitik einnehmen.

4. Die EU muss sich öffnen und in einen gleichberechtigten Dialog mit den afrikanischen Ländern eintreten: Dabei geht es darum, dass die EU ihre eigenen Interessen glaubwürdig formuliert und vermittelt. Die Partnerschaft mit Afrika sollte sich künftig auf gemeinsam ermittelte und sich ergänzende Interessen und Vorteile stützen. Bei der Zusammenarbeit muss die Führung und Verantwortung des jeweiligen afrikanischen Landes voll anerkannt werden. Zugleich muss die EU die Verantwortung der afrikanischen Länder für Frieden und Sicherheit, demokratische Staatsführung und die Achtung der Menschenrechte aber auch einfordern. (Benedikt Lentsch, derStandard.at, 1.10.2014)