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Wien - In einem Monat kann in der Finanzwelt viel passieren. Beispielsweise kann aus einem Plus ein dickes Minus werden. So geschehen bei der Raiffeisen Bank International, die heuer einen Verlust von bis zu 500 Millionen Euro einfahren wird. Bei der Präsentation der Halbjahreszahlen war nach einem Gewinn in den ersten sechs Monaten keine Rede von einem negativen Ergebnis. Verändert hat sich die Lage, wie RBI-Chef Karl Sevelda am Dienstag erläuterte, vor allem durch neue Ereignisse in Ungarn und der Ukraine.

Im Nachbarland sei in der Zwischenzeit das Gesetz über die Zwangsumwandlung von Schweizer Franken in Forint in seiner konkreten Ausformung bekannt geworden, hieß es von RBI-Seite. Jetzt müssen die Zinsen für zigtausende Kredite über Jahre zurückgerechnet werden, wie Risikovorstand Johann Strobl erklärte. Unter dem Strich dürfte der gesetzliche Eingriff die Bank 240 Millionen Euro kosten - das sind um rund 100 Millionen mehr als bisher erwartet. Ein zuletzt von ungarischen Medien kolportierter Verkauf der Ungarn-Aktivitäten von Raiffeisen Bank und Erste Group, auf den Regierungschef Viktor Orbán dränge, stehe nicht auf der Agenda, betonte Sevelda. Allerdings zählt die lokale Tochter auch nicht zu den Kernmärkten der RBI. Der Bankchef hofft, dass im Nachbarland das Schlimmste überstanden sei, und begründet dies damit, dass der einst von ausländischen Instituten kontrollierte Markt nun wieder mehrheitlich in ungarischem Besitz stehe.

Ukraine belastet

Zweiter Treiber der heurigen Verluste ist die Ukraine-Krise. Die Auseinandersetzungen im Osten das Landes lassen die Kreditvorsorgen nach oben schnellen, zudem muss RBI Abschreibungen auf den Firmenwert der dortigen Tochter Bank Aval vornehmen. Ebenfalls auf das Ergebnis drücken Leasingaktivitäten in den Problemländern und Änderungen bei der Berechnung künftiger Steuern.

Ein Zusammenhang der Wertberichtigungen mit dem laufenden Bilanzcheck der Europäischen Zentralbank wurde vom Bank-Vorstand in Abrede gestellt. Zudem wurde unterstrichen, dass die RBI keine Kapitalerhöhung benötige. Die heuer erfolgte Rückzahlung des staatlichen und privaten Partizipationskapitals wird verteidigt, weil das Geld wegen der abnehmenden Anrechenbarkeit auf die Eigenmittel ohnehin immer weniger wert werde, gleichzeitig aber die Dividendenzahlung an die Kapitalgeber gestiegen wäre. Wie stark die Kapitalquote nach Einbuchung der Belastungen beeinträchtigt wird, behielt die RBI-Führung für sich.

Noch viele Risiken

Raiffeisen Bank International hat mit der Gewinnwarnung eine lange Serie negativer Überraschungen der österreichischen Institute in Osteuropa prolongiert. Die Erste Group hatte schon zuvor nach hohen Wertberichtigungen auf Kredite und Beteiligungen einen Verlust von 930 Millionen Euro im ersten Halbjahr gemeldet. Die Bank Austria hat diese Rosskur - nach derzeitigem Wissensstand - 2013 durchgemacht, als hohe Abschreibungen in der Region einen Verlust von 1,6 Mrd. Euro verursachten. Im ersten Halbjahr 2014 wurde schon wieder eine Gewinnsteigerung um ein gutes Drittel auf 776 Millionen Euro vermeldet.

Die Frage, ob die Institute ihre Häuser in Ordnung gebracht haben, lässt sich nicht leicht beantworten. RBI beispielsweise ist stark von Russland abhängig, wo die Bank zuletzt die Hälfte des Halbjahresgewinns erzielte. In den dortigen Aktivitäten schlummern auch noch hohe Firmenwerte, die bei einer Eskalation der Ukraine-Krise wohl korrigiert werden müssten. Derzeit seien die Auswirkungen der Sanktionen aber gering, erklärte Sevelda.

An der Börse wurde RBI für die schlechten Nachrichten abgestraft. Der Aktienkurs rutschte um mehr als zehn Prozent ab, Erste Group wurden im RBI-Sog um fast vier Prozent nach unten gedrückt. Der Wiener Leitindex ATX verlor bis kurz vor Handelsschluss rund 2,5 Prozent. (as, DER STANDARD, 24.9.2014)