Vom Dach des IZD Tower aus entfaltet die NSA laut einem neuen Bericht ihre Spionageaktivitäten.

Foto: Nomen Nescio / CC BY-SA 2.0 AT / http://fm4.orf.at/stories/1746596/

Es sind nicht sonderlich viele Erwähnungen, die Österreich in den bisherigen Enthüllungen durch Edward Snowden gefunden hat, zumindest eine davon dürfte aber durchaus politische Brisanz haben. So heißt es in einem der geleakten Dokumente, dass die NSA mit dem "Vienna Annex" einen sogenannten "Special Collections Service" in Wien betreibt, mit dem aktiv Ziele in der näheren Umgebung belauscht werden - der WebStandard berichtete.

Spurensuche

Bislang war jedoch unklar, wo dieser Spionagestandort zu finden ist. Dieses fehlende Puzzlestück will nun der ORF-Journalist Erich Möchel aufgespürt haben: Der "Vienna Annex" sei in den Dachgeschoßen des IZD Tower im 22. Wiener Gemeindebezirk zu finden - und damit direkt in der US-Vertretung bei den Vereinten Nationen. Dies geht aus einer Reihe von Fotos hervor, die dem Journalisten zugespielt wurden.

Aufbau

Darauf ist in 130 Meter Höhe ein Dachaufbau zu erkennen, der mit jenem auf der US-Botschaft im neunten Bezirk identisch ist. Von massiven Stahlgittern vom restlichen Dach getrennt und durch zehn Kameras überwacht, befindet sich dort ein rund 15 Quadratmeter Grundfläche einnehmendes Häuschen, das direkt in Richtung der benachbarten UNO-City ausgerichtet ist - die wohl auch das Ziel der Spionageaktivitäten darstellt. Von der Straße aus ist dieser Aufbau nicht zu erkennen, da er etwas nach hinten versetzt ist. Möchel geht davon aus, dass sich in dem Häuschen Equipment zur passiven Überwachung von Mobilfunknetzen befindet, also Telefongespräche in der Umgebung abgehört werden. Auch für die Übermittlung von direkter Raumüberwachung - etwa durch Wanzen - wäre der Standort bestens geeignet, spekuliert der Journalist.

Kommunikation

Neben der Abhörstation befinde sich auf dem Dach des IZD Tower aber noch ein weiteres interessantes Objekt: eine rundum strahlende Richtantenne. Vier "übereinandergestockte vertikale Schleifendipole" ermöglichten eine Kommunikation in alle Richtungen. Möchel geht davon aus, dass dies allerdings nicht zu Spionagezwecken genutzt wird: "Mit hoher Sicherheit dient diese Antenne nicht Abhörzwecken, sondern der eigenen verschlüsselten Kommunikation mit mobilen Geräten." Als "nützlich" erweise sich dabei, dass vom Dach des IZD Tower beste Sicht sowohl auf die US-Botschaft im neunten Bezirk als auch die "NSA-Villa" in Pötzleinsdorf herrscht. In Kombination dieser Standorte könne der US-Geheimdienst so ganz Wien bis hinaus nach Schwechat erfassen, wie eine Antennensimulation belegt. Damit werde auch die Funktion der NSA-Villa klarer, so Möchel: Diese diene als eine Art Relaisstation für die interne Kommunikation des Geheimdienstes.

Störungen

Anderen Geheimdiensten dürften die nun öffentlich gemachten Informationen übrigens schon länger bekannt sein: "Im Zuge dieser Recherche kam auch zutage, dass es vor allem in den oberen Stockwerken des IZD Tower, aber auch in der Umgebung zu regelmäßigen und teils massiven breitbandigen Funkstörungen gekommen ist, sodass Mobilfunknetze oft über Stunden nicht erreichbar waren", so Möchel. Es sei allerdings technisch äußerst unwahrscheinlich, dass dies durch die NSA-Aktivitäten entsteht. Vielmehr dürften hier also andere Geheimdienste gerne mal "dazwischenfunken".

Update, 14:00

Mittlerweile sind diverse Stellungnahmen - oder deren Verweigerung - eingetrudelt: Vonseiten der US-Botschaft heißt es, dass man zu den Behauptungen "nichts zu sagen" habe. Auch Innenministerium und Staatsanwaltschaft wollen sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, stellte gegenüber der APA zumindest in den Raum, dass das derzeit abgebrochene Ermittlungsverfahren in Fragen NSA-Spionage "im Lichte neuer Erkenntnisse wiederaufgenommen werden könnte". Eine wirklich konkrete Aussage ist freilich auch das nicht. (red, derStandard.at, 23.9.2014)