In einem Schulheft notierte Diana Obexer ihre Aktivitäten.

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Das Leben von Diana Obexer-Budisavljevic erzählt nicht nur von Mut und Mitgefühl, von Aufopferung und Hingabe, es ist nicht weniger als die Geschichte einer vergessenen Heldin. Nüchtern dokumentierte sie in einem Schulheft, was sie tat und plante, führte akribisch Liste über Namen und Adressen. Bis heute ist das Tagebuch der Innsbruckerin die einzig bekannte Quelle über die Evakuierung von KZ-Insassen - ihre Aktion war die damals umfangreichste Initiative einer Privatperson ohne institutionellen Hintergrund.

Geboren wurde Diana Obexer am 15. Jänner 1891 in Innsbruck als Tochter eines Unternehmerehepaares. Im Jahr 1917 heiratete sie den kroatischen Serben Julije Budisavljevic, einen Chirurgen, der in Innsbruck studiert hatte, und zog mit ihm zwei Jahre später nach Zagreb.

Dianas Tagebucheinträge beginnen mit dem 25. Oktober 1941. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hitler das damalige Königreich Jugoslawien bereits angegriffen. Belgrad war im April erstmals bombardiert worden, die deutschen Truppen marschierten kurz darauf ein. Rasch wurden Konzentrationslager errichtet. In ihrer ersten Notiz dokumentiert Diana Berichte von Bekannten über die Ankunft bosnischer Serbinnen und Jüdinnen mit ihren Kindern im KZ Loborgrad nordwestlich der Stadt Sarajevo.

Damit begann auch ihr Einsatz: Sie sammelte Kleider, Nahrung und Hygieneartikel und schickte sie als Hilfssendungen nach Loborgrad. Um sicherzugehen, dass die Pakete auch ankamen, arrangierte sie im November 1941 einen persönlichen Besuch im KZ - ihre österreichische Abstammung verschaffte ihr Zugang. Dort soll sie den Beschluss gefasst haben, alles daranzusetzen, möglichst viele Insassen und vor allem Kinder aus dem Lager zu holen und von dem Elend, das sie vorfand, zu befreien.

Wie viele Menschen sie tatsächlich vor dem Tod in Konzentrationslagern bewahren konnte, ist bis heute unklar. Vor allem kranke und kleine Kinder konnte die Ustascha weder als serbische Geiseln missbrauchen, noch für ihre Milizen einsetzen. So gelang es der Innsbruckerin, diese Kinder abzuholen und in Heimen und bei Pflegefamilien unterzubringen.

Über die Jahre weitete sie ihre Aktionen auf mehrere Lager aus, darunter auch das "Auschwitz des Balkans", das KZ Jasenovac. Nach Kriegsende führte ihre Kartei rund 12.000 Namen. Nachweislich rettete Diana Obexer-Budisavljevic gemeinsam mit anderen Aktivistinnen jedenfalls mehrere tausend Insassen.

Ab dem Jahre 1943 machte das Wüten des Krieges ihre Evakuierungsreisen unmöglich. So konzentrierte sie sich fortan auf die Zusammenführungen der Familien. Sie ließ Zettel mit ihrer Kontaktadresse an Serbinnen verteilen, die aus den Lagern befreit wurden und in Zügen der ins Deutsche Reich deportierten Arbeiter auslegen.

Diana Obexer-Budisavljevic starb im August 1978 in ihrer Geburtsstadt. Sie hat nie erfahren, wie viele Familien durch ihr Engagement schlussendlich zusammenfanden. In Österreich erinnert an ihre Courage nur ein Innsbrucker Kindergarten, der vergangenen Jänner nach ihr benannt wurde. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 26.9.2014)