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Einen Führerschein für Finanzen. Mit dieser Idee ist Gerhard Weibold vor einigen Jahren gestartet. Mehrere tausend Menschen haben sich mit dem "Finanzführerschein" schon wissensfit gemacht.

Foto: APA/Robert Jäger

Wien - Als Professor hat Gerhard Weibold an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) mehr als 150 Lehrveranstaltungszyklen durchgeführt. In dieser Zeit habe er viel Erfahrung darüber gesammelt, wie man Wissen didaktisch gut vermitteln könne. Dann entstand die Idee, Finanzwissen in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Am Ende dieses Weges stand der Finanzführerschein, der jenen Leuten, die den dazugehörigen Kurs besucht und den Test absolviert haben, ihr Wissen bescheinigt.

Tausende Menschen habe man damit erreicht - aber nicht hunderttausende. Daher wurde die Idee vergrößert. In Kooperation mit der WU startete Weibold zu Jahresbeginn das Tool finanzbildung.eu, das auch für Smartphones und Tablets geeignet ist. Dieser Idee folgend erscheint in Österreich und Deutschland nun das Buch Finanzbildung.eu, welches das Online-Tool mit Papier und vice versa verbinden soll. Denn in jedem Buch ist auch ein Zugangscode zum Tool enthalten. "Das Buch ist zu unterschiedlichen Preisen erhältlich", erklärt Weibold. Und je nachdem, wie viel man für das Buch ausgibt, erhält man einen Zugang zu zwölf, 24 oder 36 Themen des Fragen- und Wissenskatalogs des Onlinetools. Eine Zertifizierung des Wissens ist ebenfalls noch möglich.

"Eine enorme Chance"

Weil sich auch bei Schulbüchern die Wende vom gedruckten Buch zum E-Buch durchsetze und interaktives Lernen ein immer größeres Thema werde, zeigt sich Weibold im Gespräch mit dem Standard zuversichtlich, den Sprung, mit Finanzbildung die breite Masse zu erreichen, zu schaffen: "Allein in Deutschland gibt es 11,2 Millionen Schüler, in Österreich 1,2 Millionen - das ist eine enorme Chance."

Die Wissensplattform soll in den kommenden fünf Jahren auch zu einem europäischen Projekt werden. "Die tschechische Version ist fertig, die slowakische in Arbeit", sagt Weibold. Das Ziel ist, damit in zehn Ländern präsent zu sein.

Jeder ist angesprochen

Als Zielgruppe benennt der Professor schlicht "alle". Es gebe derzeit den Reflex, das Thema nur auf die Jugend zu schieben. Für Weibold hat das auch einen "Alibi-Charakter", denn brauchen würden dieses Wissen auch und vor allem erwachsene Menschen. Sie seien es auch gewesen, die durch Investitionen geschädigt wurden. Es reiche nicht, dass Menschen wüssten, wie Geld aussieht, und Sicherheitsmerkmale erkennen können. Denn die "Funktion des Geldes sagt nichts aus über Aktien, Anleihen oder darüber, ob ein Leasingvertrag besser ist als ein Kauf".

Leute mit Zinsformeln zu überfrachten mache auch bei der Lösung solcher Fragen keinen Sinn, sagt Weibold. Der Mensch brauche starke Bilder, die im Gedächtnis bleiben. Nur so kämen Botschaften auch an.

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Mit öffentlichen Lernveranstaltungen will Gerhard Weibold, Erfinder des Finanzführerscheins, als nächstes punkten.
Foto: Elke Mayr / WirtschaftsBlatt / picturedesk.com

Das nächste Ziel von Weibold lautet Public Learning: einen Hörsaal an der Uni mit Leuten zu füllen und dann mit einem Finanzquiz zu starten, die wichtigsten Inhalte zu vermitteln und als Gruppe gemeinsam etwas Neues zu lernen. "Damit kann man unterschiedliche Zielgruppen erreichen" , sagt Weibold.

Politik ist gefordert

Gefordert sei bei diesem Thema aber vor allem auch die Politik. Früher gab es eine Förderung, damit der Finanzführerschein in Schulen gemacht werden konnte. Diese Förderung hat das Finanzministerium vor einem Jahr gestrichen. Jetzt hänge es vom Gutdünken der Schulen ab, ob dieser Service noch angeboten werde. Beim neuen Finanzminister Hans Jörg Schelling will Weibold einen neuen Anlauf zur Förderung oder Einbettung des Wissenstools auf der Homepage des Finanzministeriums nehmen. Denn: "Man muss den Menschen die Angst vor komplizierten Begriffen nehmen." (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 26.9.2014)