Unter den Bewegungsarten ist das Schleichen eine sehr spezifische. Den Brüdern Grimm zufolge bezog sich das Verb "schleichen" ursprünglich auf das Dahingleiten fußloser und kurzfüßiger Tiere (Blindschleiche!).

Zu dieser Ursprungsbedeutung gesellten sich weitere Bedeutungskomponenten hinzu, sodass, abermals die Grimms, der Begriff des Heimlichen, Verstohlenen, aber auch des Heimtückischen und Illegalen in das Schleichen Einzug hielt. Nicht mit rechten Dingen ging es beim "Schleich" zu, dem vor allem knapp nach 1945 grassierenden Schleichhandel mit Waren aller Art (Sedlaczek, Wörterbuch des Wienerischen). Zwar nicht illegal, aber heimtückisch sind schleichende Krankheiten sowie der "Schleicher", der "lautlose Furz" (Teuschl, Wiener Dialektlexikon). Dieser Schleicher war bereits den Grimms bekannt (" einen schleichen lassen") und wurde von ihnen elegant lateinisch beschrieben ("flatum ventris sine sono emittere").

Mehr noch als der Schleicher stinkt Steuerfahndern der "Abschleicher". Im Fahnderjargon - was es alles gibt - bezeichnet das Wort jene wenig gemeinwohlorientierte Spezies von Menschen, die ihre Schwarzgelder heimlich ins Ausland verschieben. Der durch Abschleicherei verursachte Schaden ist erheblich: Der Fiskus vermutet, dass bis zu zehn Milliarden unversteuerte Euro auf Schwarzgeldkonten liegen. Es beschleicht uns zu Recht der Verdacht, dass sich eine Unkultur des Abschleichens eingeschlichen hat, die uns alle teuer zu stehen kommt. (win, DER STANDARD, 27.9.2014)