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Wie frech Meisen sind, kommt auf den Stoffwechsel an.
Seewiesen - Die Bereitschaft, Risiken einzugehen, kann maßgeblich durch äußere Umstände beeinflusst werden. So zeigte zum Beispiel eine kürzlich erschienene Studie, dass alleinstehende Männer risikofreudiger sind als Männer in einer festen Partnerschaft. Individuelle Unterschiede im Risikoverhalten findet man aber nicht nur beim Menschen, sondern auch bei vielen anderen Wirbeltieren und sogar bei Wirbellosen.
Doch nicht nur äußere Faktoren können die Unterschiede im Verhalten erklären, sondern auch die allgemeine Stoffwechselrate des Körpers. Bei Kohlmeisen gibt es beispielsweise starke individuelle Unterschiede in der Stoffwechselrate, die über Jahre hinweg konstant bleiben.
Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen hat nun in einer Langzeitstudie an Kohlmeisen einen Zusammenhang zwischen Risikoverhalten, Stoffwechselrate und äußeren Faktoren nachgewiesen. Dazu haben sie zwei Jahre lang die Stoffwechselraten und das Verhalten von 184 Kohlmeisen aus zwölf Populationen untersucht. Die Ergebnisse wurden aktuell im Fachblatt "Functional Ecology" veröffentlicht.
Transponder und Attrappen
Die Forscher fingen die Tiere in Nistkästen und brachten sie in eine Respirometer-Kammer, um die Stoffwechselrate sowie das Gewicht der Tiere zu bestimmen. Danach versahen sie die Vögel mit passiven Transpondern und ließen sie wieder frei. An eigens angelegten Futterstellen mit Transponder-Lesegeräten montierten die Forscher Greifvogelattrappen und spielten zusätzlich aufgenommene Warnrufe von Kohlmeisen ab. Mit Hilfe der Transponder konnten die Forscher nun für jedes Tier die Zeit messen, die es für die Rückkehr zur Futterstelle benötigte. Dadurch erhielten sie ein Maß für die Risikobereitschaft der Meisen.
Im nächsten Schritt wurden diese Faktoren mit Hilfe umfangreicher statistischer Berechnungen miteinander in Beziehung gesetzt. Die Datenanalyse ergab für beide Jahrgänge, dass sich Meisen mit einer hohen Stoffwechselrate weniger von einer Attrappe abschrecken ließen als Artgenossen mit einer niedrigeren Stoffwechselrate.
Sinkende Temperaturen, steigende Risikobereitschaft
Erstaunlicherweise beeinflusste auch die Umgebungstemperatur das Risikoverhalten der Meisen: Bei niedrigen Temperaturen verhielten sich diejenigen mit niedrigem Stoffwechsel fast ebenso risikofreudig wie Tiere mit hohem Energieumsatz.
"Unterschiede im Risikoverhalten sind also eng mit energetischen Beschränkungen verknüpft", sagt Kimberley Mathot, Erstautorin der Studie. Vögel, die einen hohen Energiebedarf besitzen, entweder weil sie eine hohe Stoffwechselrate haben oder weil sie niedrige Temperaturen zu einer höheren Thermoregulation zwingen, sind eher bereit, in einer Gefahrensituation auf Nahrungssuche zu gehen. (red, derStandard.at, 6.10.2014)