Durch solche Spalten ergießt sich Wasser auf die weichen Sedimente, die glitschig werden.

Foto: Poul Christoffersen

Ein Forscher untersucht die Überreste eines abgeflossenen Gletschersees.

Foto: Sam Doyle

Schmelzwassersee auf Grönlands Gletscheroberfläche.

Foto: Poul Christoffersen

Cambridge/Wien - Wenn es um den Klimawandel und seine Folgen geht, dann spielt Grönlands gigantischer Eispanzer eine Hauptrolle. Der Eisschild auf der riesigen Landmasse in der Arktis ist im Durchschnitt 2000 Meter dick und bedeckt eine Fläche von rund 4,24 Millionen Quadratkilometer - das ist das nach der Antarktis zweitgrößte Eisreservoir des Planeten.

Einige Studien der letzten Monate haben gar nichts Gutes über die Veränderungen der riesigen Eismassen zutage gefördert: Die Fließgeschwindigkeit der Gletscher hat sich in den letzten Jahren zum Teil dramatisch erhöht. Es fließt sehr viel mehr Eis ins Meer als noch vor wenigen Jahren prognostiziert.

Eine neue Untersuchung von Forschern um Marion Bougamont (Universität Cambridge) wartet nun erneut mit beunruhigenden Entdeckungen auf, die auf neuen Daten zum Untergrund beruhen, auf dem sich die gewaltigen Eismassen bewegen. Wie sich erst unlängst zeigte, bewegen sich die Eisströme nicht über harten, felsigen Untergrund in Richtung Meer, sondern über weiches, poröses Sediment.

Doch macht das einen Unterschied? Bougamont und ihre Kollegen haben nun im Fachblatt "Nature Communications" analysiert, was sich dadurch an der Gletscherbewegung verändert, indem sie Beobachtungen vor Ort durchführten und darauf basierende Modellrechnungen anstellten. Vor allem waren sie daran interessiert, welche Folgen es hat, wenn das an der Oberfläche entstehende Schmelzwasser durch Eisspalten an die Gletscherbasis sickert.

Wasser weicht den Boden auf

In warmen Sommern sammelt sich Schmelzwasser in großen Seen auf der Gletscheroberfläche. Oft können sich diese Seen in kurzer Zeit in die Tiefe entleeren. Das aber habe Folgen, wie Ko-Autor Poul Christoffersen erklärt: Das weiche Sediment unter dem Gletscher werde instabiler, wenn es versucht, noch mehr Wasser aufzunehmen.

Das wiederum senke den Reibungswiderstand des Sediments, sodass das darüber liegende Eis sich noch schneller bewegen kann, schreiben die Forscher. Zwar sei der jährliche Eisabfluss trotz der aufgeweichten Sedimente noch relativ stabil, doch in wärmeren Jahren könne sich das schnell ändern - und das bedeute, dass sich die weichen Sedimente in eine Rutschbahn verwandeln. Für Christoffersen ist damit offensichtlich, dass Grönlands gewaltiger Eispanzer nicht annähernd so stabil ist wie bisher angenommen. (tasch, DER STANDARD, 30.9.2014)