Bild nicht mehr verfügbar.

Ein frei lebender Tiger in Nepal: Die Zahl der Tiere ist durch Schutzmaßnahmen wieder gestiegen.

Foto: AP/Joydip Kundu

Wien – Die globale Artenvielfalt ist von 1970 bis 2010 um 52 Prozent zurückgegangen. Das ist das Ergebnis des "Living Planet Report", dem Zustandsbericht über die Welt, den der WWF alle zwei Jahre veröffentlicht. Dabei wurden diesmal mehr als 10.000 Wildtierpopulationen von 3.000 Wirbeltierarten in der ganzen Welt erfasst.

Dramatische Verluste bei der Artenvielfalt

Am schlimmsten traf es die im Süßwasser lebenden Tiere. Sie haben um mehr als drei Viertel abgenommen. Die tropischen Regionen leiden wesentlich mehr am Verschwinden der Arten als die gemäßigten Zonen. Besonders dramatisch ist die Lage in Lateinamerika, wo ein Artenverlust von 83 Prozent gemessen wurde.

Auch in der asiatisch-pazifischen Region ist der Verlust enorm. Die Lebenswelt des Meeres ging um knapp 40 Prozent zurück. Besonders betroffen davon sind Seevögel, Meeresschildkröten und Haie.

Schutzgebiete als Hoffnung für Tiger

In ausgewiesenen Schutzgebieten, so die gute Nachricht, verschwinden nur halb so viele Tiere wie in nicht geschützten Gebieten. In Nepal ist die Zahl der Tiger durch intensive Schutzmaßnahmen sogar um zwei Drittel gestiegen. Dramatisch hingegen ist die Situation in Südafrika, wo die Zahl der gewilderten Nashörner von 13 Tieren im Jahr 2007 auf mehr als 1.000 im Jahr 2013 angewachsen ist.

Ärmere Länder tragen Hauptlast der Umweltschäden

Die geschätzten Kosten aller Umweltschäden in der Welt betragen mehr als 6.000 Milliarden Euro, das sind mehr als elf Prozent des globalen Bruttoeinkommens. Dabei tragen die ärmeren Länder die Hauptlast der katastrophalen Folgen der globalen Umwelt- und Klimakrise, so der WWF. Im vorliegenden Report weist die Umweltorganisation auch neue Wege und beschreibt Beispiele wie eine nachhaltig lebende Menschheit weiter existieren kann.

Entwicklungsgrad und Fußabdruck

Länder, die technisch weiter entwickelt sind, haben auch einen größeren ökologischen Fußabdruck, wie der Report beschreibt. Die ärmeren Länder, die einen vergleichsweise kleinen Fußabdruck haben, sind jedoch die am meisten durch die Auswirkungen der Umweltzerstörung betroffenen.

Der Pro-Kopf-Fußabdruck von Ländern mit einem hohen Einkommensniveau beträgt etwa fünf Mal so viel wie der von Ländern mit Niedrigeinkommen. In den ärmeren Ländern ist dabei der Verlust an Artenvielfalt besonders hoch. Drei Viertel der Weltbevölkerung leben in Ländern mit gravierenden ökologischen Problemen und gleichzeitig sozialer Not durch niedrige Einkommen.

Zwar zeigt sich, dass die wohlhabenderen Länder eine Zunahme bei der Artenvielfalt aufweisen. Dies ist jedoch nur möglich, weil sie ihren Verbrauch von Energie, Rohstoffen und damit ihren eigenen ökologischen Fußabdruck in die ärmeren Länder auslagern.

Starker Wasserverbrauch

Auch der Wasserverbrauch steigt rapide an. Mehr als 200 Fluss-Einzugsgebiete, in denen knapp 2,7 Milliarden Menschen leben, leiden heute schon mindestens einen Monat im Jahr an Wasserknappheit. "Wir fällen Bäume schneller als sie nachwachsen, fischen die Ozeane leer und produzieren doppelt so viel Kohlendioxid, als die Atmosphäre, die Wälder und die Ozeane zusammen aufnehmen können", sagt WWF-Umweltschutzexpertin Barbara Tauscher.

Die Länder mit dem höchsten Wasserverbrauch sind China, Indien und die USA. Heute leben 768 Millionen Menschen weltweit ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Und der Verbrauch an Süßwasser wird bis 2030 um 40 Prozent zunehmen, so der Report. Schon jetzt leiden mehr als 200 Flusseinzugsgebiete, in denen insgesamt fast 2,7 Milliarden Menschen leben, an einer mindestens einmonatigen Wasserknappheit im Jahr.

Schlechtes Zeugnis für Österreich

Österreich liegt mit seinem Pro-Kopf-Fußabdruck von allen untersuchten Ländern auf Platz 17. Würden alle Menschen so leben wie die Österreicher bräuchte die Menschheit 3,1 Planeten um die Bedürfnisse aller Menschen zu decken. Wir nehmen uns also dreimal so viel wie uns zusteht. Mehr als die Hälfte des ökologischen Fußabdrucks Österreichs fällt mit 57 Prozent auf die Freisetzung von Kohlendioxid, gefolgt vom landwirtschaftlichen Anbau mit 20 Prozent.

WWF fordert Ausweitung der Meeresschutzgebiete

Der WWF fordert, dass mindestens zehn Prozent der Weltmeere als Meeresschutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Heute sind nicht einmal ein Prozent der Meere unter Schutz gestellt. Im Vergleich dazu existieren insgesamt derzeit mehr als 100.000 Schutzgebiete, die 14 Prozent aller Landgebiete der Erde schützen.

Die Versauerung der Meere hat durch die Freisetzung von Kohlendioxid seit der industriellen Revolution heute den höchsten Wert seit 65 Millionen Jahren erreicht. Nur ein rechtsverbindlicher Weltklimavertrag, der 2015 in Paris beschlossen werden könnte, kann noch wirksam gegensteuern. "Der Wert aller Ökosysteme weltweit beträgt heute bis zu 145.000 Milliarden US-Dollar. Wenn wir sie zerstören, schaden wir uns damit selbst", warnt Tauscher. (jus, derStandard.at, 30.9.2014)