Wien/Linz - Der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs (OGH), Johann Rzeszut, soll wegen falscher Zeugenaussage angeklagt werden. Das berichtete die Wiener Wochenzeitung "Falter" unter Berufung auf "gut informierte Justizkreise" am Dienstagnachmittag. Offizielle Bestätigung lag dafür vorerst keine vor.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz, Philipp Christl, verwies auf den Medienerlass der Justiz. Bei den derzeitigen Gegebenheiten sei ihm eine öffentliche Stellungnahme zu der Meldung nicht möglich, meinte Christl.

Zweifel an Einzeltäter

Die Linzer Anklagebehörde hatte vor dem Hintergrund des Entführungsfalls Natascha Kampusch Ermittlungen gegen den pensionierten OGH-Präsidenten aufgenommen. Rzeszut hatte einer vom Innenministerium eingesetzten Evaluierungskommission angehört, die allfälligen behördlichen Versäumnissen in der Causa Kampusch nachgehen sollte. In dieser Funktion sorgte Rzeszut für Irritationen, indem er in diversen Medien ein Gerichtsgutachten anzweifelte, das Wolfgang Priklopil als Einzeltäter auswies, oder dem Entführungsopfer Natascha Kampusch unterstellte, diese habe eine Schwangerschaft verheimlicht.

Als ein niederösterreichischer Polizist illegal in einer Volksschule "ermittelte" und versuchte, an die DNA eines Mädchens zu gelangen, um Klarheit zu erlangen, ob es sich dabei um die leibliche Tochter Kampuschs handelte, berief sich der Beamte auf Rzeszut. Der pensionierte Spitzenjurist wurde im Ermittlungsverfahren gegen den - mittlerweile in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilten - Polizisten als Zeuge vernommen. Dabei versicherte Rzeszut unter Wahrheitspflicht, den Mann nicht zu kennen.

Kontakt mit "ermittelndem" Beamten

Die Ergebnisse einer Rufdaten-Rückerfassung sollen allerdings den früheren OGH-Präsidenten widerlegen. Demnach sollen Rzeszut und der Beamte mehrfachen telefonischen Kontakt gehabt haben.

Aufgrund der Prominenz des Beschuldigten war das Verfahren gegen Rzeszut "berichtspflichtig", d.h. der Vorhabensbericht bedurfte der Genehmigung der Oberstaatsanwaltschaft Linz und des Justizministeriums. Der von Justizminister Wolfgang Brandstätter (ÖVP) eingesetzte Weisenrat soll laut "Falter" und inzwischen auch der APA vorliegenden Informationen dem Vorhaben, Rzeszut zur Anklage zu bringen, endgültig "grünes Licht" erteilt haben. Behördliche Bestätigung gab es dafür keine, weil die Entscheidung bis Dienstagnachmittag weder Rzeszut noch seinem Rechtsvertreter zugestellt bzw. zur Kenntnis gebracht werden konnte. (APA, 30.9.2014)