Ein großes Engagement attestierten die Prüfer Renate Römer, wenn es um Öffentlichkeitsarbeit und Repräsentation geht.

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Wien - Sie lenkt sieben Unfallkrankenhäuser und vier Rehabilitationszentren, gibt rund 1,3 Milliarden Euro im Jahr aus und finanziert sich über die Pflichtversicherung von 4,7 Millionen Österreichern. In der sozialpartnerschaftlich organisierten Selbstverwaltung konnte sich die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) ein recht vielfältiges Biotop erhalten, in dem man es mit den Finanzen nicht so genau nimmt. Ein Prüfbericht des Gesundheitsministeriums, das als Aufsichtsbehörde fungiert, listet zahlreiche Ungereimtheiten auf.

Im Zentrum steht die Obfrau der Organisation, Renate Römer, die auch als Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer fungiert. Die Vorwürfe: Bei einigen Aufträgen, bei denen Personen mit Nahverhältnis zum Zug kamen, wurden keine Ausschreibungen vorgenommen. Besonders pikant ist jener Fall aus 2010, bei dem Römers Lebensgefährte als Berater beauftragt wurde, nachdem er in der AUVA von der Obfrau als Experte vorgestellt worden war.

Er sollte die Neuausschreibung von zwei Zeitschriften der Unfallversicherung begleiten. Auf einer ersten Rechnung für eine Analyse des Beraters findet sich der Vermerk: "Auftrag mündlich von Frau Obmann erteilt." Da die rechtliche Legitimation für die Freigabe fehle, empfehlen die Prüfer, Rückforderungsansprüche an Römer zu prüfen. Dann kam der eigentliche Auftrag in Höhe von 89.000 Euro. Dafür wären bei 300 Euro in der Stunde 296 Arbeitsstunden zu veranschlagen gewesen, heißt es in dem Bericht. Dieser Zeitaufwand war für die Prüfer "nicht nachvollziehbar".

Wo war die Leistung?

2011 folgte eine weitere Rechnung des mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfenden Lebensgefährten über 12.960 Euro, die von der Verwaltungsabteilung mit "welche Leistung erbracht (ist ausgeschöpft)" vermerkt wurde. Die Prüfer hegen den Verdacht, dass der Gesamtauftrag in Höhe von 106.400 Euro in drei Teile gesplittet wurde, um die Ausschreibungsgrenze von 100.000 Euro zu unterschreiten. Die Lebensgemeinschaft habe die Obfrau beim Beschluss der Beauftragung verschwiegen, kritisieren die Prüfer. Im Zuge der heurigen Einschau, die nach einem Bericht des Falter eingeleitet wurde, teilte Römer mit, dass sie erst im Spätsommer 2010 eine Lebensgemeinschaft mit dem Berater eingegangen sei und nicht schon mit der Erstbeauftragung im März des Jahres.

Auch zwei Aufträge aus dem Jahr 2012, bei denen die TKL Lebensmittel Logistik zum Zug kam, wirft Fragen auf. In Abstimmung mit dem Leiter der Einkaufsabteilung wurde wieder auf eine Ausschreibung verzichtet. Die Prüfer fanden dabei erstaunliche Zusammenhänge heraus: Drei Wochen nach der Beauftragung zog die Transportfirma Römer GmbH, deren Geschäftsführerin Renate Römer war, an exakt dieselbe Firmenadresse der TKL. Kurz danach legte die Obfrau diese Funktion zurück. Die Prüfer äußern den "Verdacht, dass Frau Obmann zu dieser Firma ein Naheverhältnis hat, wodurch der Tatbestand der Befangenheit (...) vorlag und sie bei beiden Anträgen nicht mitstimmen hätte dürfen".

Fragliche Aktivitäten

Dazu kommen mehrere wirtschaftlich fragliche Aktivitäten. Im Rahmen des Forums Alpbach etwa wurde eine Präventionslandkarte erarbeitet. Die dafür verwendeten 284.412,37 Euro überschritten den Planungswert um mehr als 100 Prozent, die Ergebnisse werden in dem Bericht als "eher dürftig" qualifiziert. Angesichts der bereits vorhandenen Definition des Begriffs Prävention sei die Mittelverwendung "negativ" zu bewerten. "Scharf zu kritisieren" war auch ein Auftrag über 84.000 an ein Unternehmen zur Medienbeobachtung, bei dem ebenso wie bei einem Auftrag an die PR-Firma Ketchum Publico keine Ausschreibung erfolgte.

Die Agentur stellte unter anderem den Pressesprecher, der "auf ausdrücklichen Wunsch der Frau Obmann" auch an Managementseminaren der AUVA teilnahm. Mit der Übernahme der Kosten habe Römer "ihre Befugnisse" überschritten, weshalb auch hier Rückforderungsansprüche in Höhe von gut 10.000 Euro zu prüfen seien. Der Pressesprecher ist übrigens nicht mehr für die AUVA tätig.

Auch bei der Nutzung von Dienstwagen und Chauffeurs war die Obfrau großzügig. Weil Fahrten häufig privater Natur waren, möge die AUVA das amtliche Kilometergeld in Rechnung stellen, fordern die Prüfer. Römer und die Pressestelle waren zu keiner Stellungnahme bereit. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 2.10.2014)