Wien – Einer alten Mär zum Trotz: Reich wird man als österreichischer Profifußballer eher nicht. Die Gewerkschaft "Vereinigung der Fußballer" (VdF) hat von Jänner bis Mai 241 Oberhaus- und 198 Erste-Liga-Spieler nach deren Gehalt befragt. Demnach verdienen in der höchsten Spielklasse 23 Prozent der Kicker weniger als 30.000 Euro brutto im Jahr, Prämien inklusive. In der zweithöchsten Klasse sind es gar 67 Prozent. "Bei diesen Zahlen kann man gar nicht mehr von Profifußball sprechen", sagt Gernot Zirngast, Vorsitzender der VdF im Gespräch mit dem Standard.
Zirngast fordert ein sofortiges Umdenken: "Wir brauchen eine Reform. Das Kapital für zwanzig Vereine in zwei Profiligen ist in Österreich nicht vorhanden. Das geht aus unserer Studie ganz klar hervor." Zwölf bis sechzehn Vereine in einer einzigen Profiliga seien ein realistisches Maß. "Wir stellen einen massiven Anstieg von arbeitslosen Spielern im Alter zwischen 22 und 24 Jahren fest", sagte Zirngast.
In der Tat produzieren die Akademien mehr Nachwuchs, als der österreichische Profifußball benötigt. Übrig bleiben oft nur zerplatzte Träume und verlorene Jahre. "Alle jungen Spieler gehen davon aus, mit dem Fußball langfristig ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das ist unrealistisch", sagt Zirngast. Für viele sei es sogar von Vorteil, bereits als Teenager zu scheitern. Jenen, die nach den ersten Profijahren in die Arbeitslosigkeit geraten, fehle "nicht nur die alternative Berufsausbildung, sondern auch die Orientierung. Sie haben keinen Plan B."
"Es fehlt die Aufklärung"
Auch die Akademien seien diesbezüglich in die Pflicht zu nehmen: "Es fehlt die Aufklärung. Es geht nicht darum, die Jungen zu demotivieren, aber man sollte ihnen ein realistisches Bild der Fußballszene liefern. Das ist eine Frage der Fairness."
Mit ihrem Anliegen ist die VdF bei den Verantwortlichen bisher auf wenig Gegenliebe gestoßen. Zirngast glaubt, den Grund zu kennen: "Die Schlechtinformierten sind leichter zu lenken." Mittlerweile sollen sich der Fußballbund (ÖFB) und die Bundesliga aber kooperativer geben, schon bald könne der Nachwuchs die Fakten erfahren: "Nur drei Prozent der Profis können in Österreich aussorgen. Das ist die unangenehme Wahrheit." Für Zirngast geht es vor allem darum, berufliche Zukunftsperspektiven jenseits des Fußballs zu schaffen. An der schulischen Ausbildung sollte es nicht scheitern: 66,2 Prozent der Profis absolvierten erfolgreich die Matura oder einen Lehrabschluss, drei Prozent besitzen gar einen akademischen Grad.
Dass die von den Spielern genannten Gehälter nicht die ganze Wahrheit widerspiegeln, glaubt Zirngast nicht: "Die Zeiten, als es noch die üblichen Zusatzverträge oder Schwarzgeldzahlungen in Österreich gab, sind vorbei." Der ehemalige Profi wünscht sich für die kommenden Generationen "50 Prozent Spieler, die über 75.000 Euro brutto verdienen". Derzeit trifft dies nur für die Spieler, der zehn Oberhausvereine zu. Immerhin 24 Prozent bringen es dort – und zwei Prozent in der Ersten Liga – auf ein Jahressalär von mehr als 150.000 Euro brutto. Innerhalb der Vereine sei das finanzielle Gefälle deutlich geringer als unter einander: "Bei Red Bull Salzburg verdienen wohl alle sehr gut. Zu Wiener Neustadt öffnet sich dann die Schere." (Philip Bauer, DER STANDARD, 3.10.2014)