Das Auftauchen und der plötzliche Erfolg der Virtual-Reality-Brille Oculus Rift hat der VR-Technologie den größten Aufschwung seit Jahrzehnten beschert. Mehrere große Unternehmen arbeiten an eigener Hardware, viele Spieleentwickler wagen sich an die Umsetzung neuer Games, die auf das 360-Grad-Erleben zugeschnitten sind. Darüber hinaus sehen große Investoren wie Facebook Potenzial, das weit über den Unterhaltungssektor hinausreicht.
Doch die Euphorie wird nicht lange währen, meint nun Brian Crecente – seines Zeichens, IT-Journalist und Mitgründer von Polygon. Kommerziell, meint er, wird Virtual Reality zum Flop werden.
Ein weiter Weg zum Holodeck
Die Basis seiner Annahme ist, dass neben der noch recht aufwändigen Nutzung und hohen Anschaffungskosten der Technologie, vor allem noch Welten zwischen Vision und Wirklichkeit stehen. Die Erwartungen an Virtual Reality sind geprägt von populärer Science Fiction. Gängig is das Bild des "Holodecks" aus Gene Roddenberrys "Star Trek"-Universum. Die Crewmitglieder der Enterprise betreten einen Raum, der um sie herum eine täuschend echte, mit allen Sinnen und völliger Bewegungsfreiheit erforschbare Welt erschafft.
Der Status Quo hingegen wirkt im Vergleich dazu archaisch. Der Nutzer schnallt sich ein klobiges Headset um, das mit einem PC verkabelt ist, und blickt durch zwei Linsen auf ein Display. Dort wird für jedes Auge ein perspektivisch angepasstes und jeweils leicht verschobenes Bild ausgegeben, um den Eindruck zu erwecken, man sei mitten im Geschehen.
Fortschritt, aber keine Lösung
Den höchsten Reifegrad weist bislang das neue Oculus-Entwicklerkit "Crescent Bay" auf. Die Konstruktion wurde leichter, bringt einen Bildschirm mit höherer Auflösung mit und integriert dabei auch gleich die Kopfhörer und 360-Grad-Bewegungserfassung. Es erzeugt ein Gefühl, das von den Herstellern auch "Präsenz" genannt wird, also den Eindruck wirklich "da" zu sein.
Das sei, so Crecente, ein wichtiger technologischer Sprung, aber längst nicht die finale Lösung für "echte" Virtual Reality. Oculus Rift wird einen unserer fünf Sinne ausreichend täuschen können, nicht aber die anderen vier. Zudem löst die VR-Brille auch nicht das Problem mangelnder Bewegungsfreiheit. Es wird nicht nahe genug an der "Holodeck"-Erfahrung sein, die viele wahrscheinlich erwarten.
Ein Schicksal wie 3D-TV
Stattdessen könnte es in kommerzieller Hinsicht so Enden wie 3D-Wiedergabe auf TV-Geräten. Monatelang trommelten die Elektronikhersteller eine vermeintliche Revolution herbei, doch letztlich wurde die 3D-Funktion zu einem kaum genutzten Zusatz, der nur für die allerwenigsten einen echten Kaufgrund bot. Ein direkter Vergleich, so Crecente weiter, ist zwar nicht zulässig, doch der aktuelle Hype um Virtual Reality erinnere an damals.
Er verweist auch auf den umstrittenen Analysten Michael Pachter. Dieser sieht VR derzeit nicht als "Mainstream-Hit". Selbst wenn Facebook massiv in die Verbesserung der Rift-Brille und die Subvention von Spieleherstellern investiert, werde die VR-Brille für viele mehr eine Kuriosität, denn ein Pflichtkauf. Realistischer erscheint ihm eine Perspektive von zehn Jahren, in welchen Facebook viel Geld in die Entwicklung neuer Hardware investieren müsse. (gpi, derStandard.at, 03.10.2014)