Wien - Der Presserat sieht keine Pflicht zur Berichterstattung über jede wahlwerbende Partei. Über eine entsprechende Beschwerde von Robert Marschall, Spitzenkandidat der Liste "EU-STOP" bei den EU-Wahlen, hat der Senat 2 kürzlich entschieden und diese abgewiesen. Es sei kein Verstoß gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse vorgelegen, hieß es am Freitag in einer Aussendung.

In der Beschwerde ging es um den Artikel "Der Überblick zur Wahl", erschienen im Mai in den "Bezirksrundschauen Oberösterreich". Der Artikel enthielt eine Übersicht über die Spitzenkandidaten für die EU-Wahlen. Marschall beanstandete, dass er als Spitzenkandidat von "EU-STOP" in dem Überblick nicht befragt und erwähnt worden sei und sah darin eine Diskriminierung. Außer dem Beschwerdeführer kamen in dieser Übersicht alle Spitzenkandidaten für die EU-Wahlen zu Wort.

Vorauswahl

Die für den Artikel verantwortliche Chefredakteurin wies in einer Stellungnahme an den Presserat darauf hin, dass sie bei dem "Wahl-Überblick" eine Vorauswahl getroffen habe. Sie habe sich auf jene Kandidaten beschränkt, die entweder bereits ein Mandat im EU-Parlament ausübten oder einer Liste vorstehen, die bereits bei einer EU-Wahl angetreten sei.

Der Senat hielt in seiner Entscheidung zunächst fest, dass es keine Pflicht der Medien gibt, über ein bestimmtes Thema zu berichten. Dieser Grundsatz gelte auch für die Themen und Anliegen von (wahlwerbenden) Parteien. Es wäre mit einem freien Pressewesen nicht vereinbar, dass Zeitungen und Zeitschriften dazu gezwungen werden könnten, über eine bestimmte Partei oder deren Positionen zu berichten, so der Senat weiter.

Keine Diskriminierung

In dem vorliegenden Artikel sah der Senat keine Diskriminierung der Partei "EU-STOP" aus weltanschaulichen Gründen (Punkt 7.2 des Ehrenkodex für die österreichische Presse). Die Chefredakteurin habe dargelegt, anhand welcher Kriterien sie die Auswahl der Spitzenkandidaten als Interviewpartner für ihren Wahl-Überblick vorgenommen habe. Diese Kriterien trafen auf die Liste nicht zu. Außerdem müsse ein "Überblick zu einer Wahl" nach Meinung des Senats nicht zwingend alle Listen enthalten, die zu der Wahl antreten. Den Unmut des Beschwerdeführers konnte der Senat allerdings "bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen". (APA, 3.10.2014)