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Ein Foto unter vielen: Joseph Clancy als Leibwächter im Schlepptau von Präsident Barack Obama.

Foto: EPA/MIKE THEILER

Wenn Joseph Clancy in der Öffentlichkeit auch bisher nicht besonders aufgefallen sein mag: Dass US-Präsident Barack Obama nach dem Abschied von Julia Pierson einen Unbekannten für die Spitze des Secret Service empfohlen hätte, kann man nicht behaupten. Fotos aus der ersten Amtszeit Obamas belegen, dass zumindest der Präsident und dessen Familie ihn recht genau kennen dürften. Clancy ist darin meist im Schlepptau der Obamas zu sehen – er war damals deren persönlicher Leibwächter. Nun soll er der durch Skandale schwer in Verruf geratenen Behörde wieder zu Ansehen verhelfen – wenn auch nur interimistisch.

Schwerer Patzer

"Wegen der diskreten Art seines Berufes", wie die New York Times anmerkt, ist über Clancys Performance in mehr als einem Jahrzehnt als Leibwächter von Präsident Obama und von dessen Vorgängern George W. Bush und Bill Clinton wenig bekannt. Für einen schweren Schnitzer wird dem ehemaligen Lehrer aus Elwood im Bundesstaat Indiana aber die Schuld gegeben: Als sich 2009 bei einem Galadiner ein in Washington eigentlich bekanntes Society-Paar ohne Einladung einschlich und Obama gar die Hand schüttelte, bemerkte auch Clancy nichts Verdächtiges.

"Father Joes" Rückkehr zum Staat

Sein darauf folgendes Rücktrittsangebot wurde abgelehnt, rund ein Jahr später verließ Clancy dennoch den Dienst. Beim Medienunternehmen Comcast, wo er zuletzt für den Schutz von Eigentum und Mitarbeitern verantwortlich war, zeigte man sich nach der Rückkehr des 58-Jährigen zum Staat "traurig, ihn zu verlieren".

Persönlich gilt der Football-Fan, dessen Sohn auch beim Secret Service arbeitet, als integrer Profi. Ein Kollege sagte ihm in US-Medien nach, wäre er nicht beim im Behördendienst gelandet, wäre "Father Joe" – so sein Spitzname – wohl Pfarrer geworden.

Doch nicht West Point

Über seine Ausbildung gab es bei der Bestellung dennoch Verwirrung: Präsidentensprecher Josh Earnest musste Clancys ursprüngliche Präsentation als Absolvent der renommierten Militärakademie in West Point revidieren. Dort hatte Clancy zwar studiert, als ihm Professoren wegen Rechenschwächen ein Zusatzjahr nahelegten, schied er aber wieder aus.

Ob ihm in den wohl wenigen Monaten als interimistischer Leiter des Secret Service ein Wandel der Behörde gelingt, ist auch wegen seiner mangelnden Administrationserfahrung unsicher. Allerdings, so heißt es unter Kollegen: Clancy sei kein Typ für halbe Sachen. (Manuel Escher, DER STANDARD, 4.10.2014)