Bild nicht mehr verfügbar.

Ein verletzter Demonstrant wird vom Schauplatz der Zusammenstöße gebracht.

Foto: AP/Santana

Hongkong - Nach Angriffen organisierter Schläger auf Demonstranten und chaotischen Szenen in der Nacht ist die Lage in Hongkong angespannt. Im belebten Geschäftsviertel Mong Kok auf der Halbinsel Kowloon kam es am Samstag in der Früh wieder zu lautstarken Auseinandersetzungen zwischen Gegnern der seit einer Woche anhaltenden Proteste und Demonstranten.

Der Regierungschef Leung Cun-ying forderte indessen ultimativ ein Ende der Blockaden bis Montag. Er verurteilte alle Gewalt und warnte, wenn die Zwischenfälle andauerten, könnte die Lage "sehr leicht außer Kontrolle geraten". Es könne "ernste Konsequenzen für die Sicherheit der Bürger und die soziale Ordnung haben", sagte Leung in einer Videobotschaft.

Soziale Ordnung

Er kritisierte die Auseinandersetzungen zwischen Protestgegnern und Demonstranten besonders im Stadtviertel Mong Kok. "Es war sehr chaotisch - viele wurden verletzt, darunter auch Journalisten."

Die Regierung und Polizeikräfte seien entschlossen, "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die soziale Ordnung wiederherzustellen", bekräftigte der Regierungschef der weitgehend autonom regierten chinesischen Sonderverwaltungsregion.

"Rechtswidrige Proteste"

China hat inzwischen ein Ende der "rechtswidrigen" Proteste gefordert. "Auch junge Studenten sollten sich ans Gesetz halten", hieß es am Samstag in einem Kommentar des kommunistischen Parteiorgans "Volkszeitung". Die seit einer Woche anhaltende prodemokratischen Demonstrationen und ihre "politischen Absichten" verstießen gegen das Gesetz der autonom regierten chinesischen Sonderverwaltungsregion.

"Diese Aktionen enden zweifellos in Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit, stören ernsthaft die soziale Ordnung und führen zu wirtschaftlichen Verlusten und möglichen Opfern", hieß es weiter. Das Parteiblatt stellte sich hinter die Hongkonger Polizeikräfte. "Sie setzten erst Tränengas ein, als sie keine andere Wahl gegen Demonstranten hatten, die gegen polizeiliche Verteidigungslinien vordrangen und Polizisten sogar mit Regenschirmen stießen."

Schwerste politische Krise in Hongkong seit 1997

Die Aktivisten fordern mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion, während ihre Gegner die Behinderungen durch Straßenblockaden beklagen und sich hinter die Regierung stellen. Es ist die schwerste politische Krise seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China. Die Proteste hatten sich an Beschlüssen des Pekinger Volkskongresses entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern. Seit dem Souveränitätswechsel wird Hongkong weitgehend autonom regiert.

Wer hinter den Angriffen auf die Demonstranten steht, war unklar. Die Polizei der asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole berichtete, bei gewaltsamen Übergriffen angeheuerter Banden auf Aktivisten seien am Vortag 18 Menschen verletzt worden, darunter sechs Polizisten. 19 Menschen seien festgenommen worden. Bei acht von ihnen vermutet die Polizei Verbindungen zu mafiaähnlichen, Triaden genannten Verbrecherbanden in der früheren britischen Kronkolonie.

Studentenführer sagen Gespräche ab

Aktivisten verdächtigten pekingfreundliche Kräfte, die Schläger geschickt zu haben. Die Polizei wies Vorwürfe zurück, nicht energisch genug gegen Provokateure vorgegangen zu sein. Als Reaktion auf die Vorfälle haben die Studentenführer die für Samstag geplanten Gespräche mit der Regierung zur Entspannung der Lage vorerst "ausgesetzt". Sie hätten das Vertrauen in die Behörden verloren.

Die Sicherheitskräfte in Hongkong haben indes Vorwürfe zurückgewiesen, sie hätten die berüchtigten mafiösen Triaden-Banden zur Einschüchterung der Demokratiebewegung eingesetzt. "Diese Anschuldigungen sind erfunden und maßlos", sagte Hongkongs Sicherheitschef Lai Tung-kwok am Samstag vor Journalisten.

Aus Protest gegen die Gewalt waren in der Nacht allein im Geschäftsviertel Mong Kok mehr als Zehntausend Hongkonger auf die Straßen geströmt. Viele waren aufgebracht, weil sie das Gefühl hatten, dass Polizisten sich bewusst zurückgehalten hätten. Es kam zu chaotischen Szenen und gewaltsamen Zwischenfällen, bei denen die Polizei teilweise Schlagstöcke gegen Demonstranten einsetzte.

Demokratiegegner mit blauen Schleifen

Während die prodemokratischen Aktivisten gelbe Schleifen tragen, treten ihre Gegner mit blauen Schleifen auf. "Unterstützt die Polizei!", riefen einige von ihnen, als sie in der Früh zum Polizeihauptquartier in Admiralty marschierten, um ihre Sympathie für die Einsatzkräfte in der Sieben-Millionen-Metropole zu bekunden. Demonstranten, die sich weiterhin friedlich verhielten, wurden Ziel von Verbalattacken der regierungsfreundlichen Gruppen. (APA, 4.10.2014)