Gegenstandslos mit durchaus figurativen Assoziatonen: "Table" (2004) heißt dieses Ölbild der in Litauen geborenen 31-jährigen Vika Prokopaviciute.

Foto: Vika Prokopaviciute / Museum Essl

Klosterneuburg - Über die Zukunft zu reden ist der beste Vorwand, sich vor der Gegenwart zu drücken, wusste Mark Twain. Und auch der französische Philosoph Blaise Pascal erkannte im Trieb zur Vorhersage eher das Unvermögen, sich der Analyse des Hier und Jetzt zu widmen. Zukunftsfragen haben die Sammlung Essl zuletzt sehr beschäftigt, nur verständlich also der Wunsch nach Perspektiven: Die Zukunft der Malerei heißt ihre Malereidiskussion, ist aber mehr Bild der Gegenwart.

Allerdings ein alternatives Bild. Denn gilt es doch im Essl-Museum immer auch Talente zu entdecken, die bisher übersehen wurden - etwa weil sie aus der Zeit gefallen sind oder weil die Künstler nicht den klassischen Ausbildungsrouten folgten. Aus mehr als 700 Einreichungen - ohne Alterseinschränkung! - und letztlich rund 50 Atelierbesuchen hat sich eine Schau mit 23 Positionen herauskristallisiert. Der Betrachter wird ein weiteres Mal aussieben. Ein Diskurs ist das zwar nicht, aber Titel wie "Neue Malerei aus Österreich" wären eben wenig sexy.

Zu den knapp zehn vielversprechenden Positionen zählt Vika Prokopaviciute (geb. 1983 in Vilnius). Die Reproduktionen ihrer Ölbilder fallen gar nicht einmal so ins Auge, aber unmittelbar vor den Großformaten stehend, ziehen die gegenstandslosen Sujets in ihren Bann: eine Liaison aus freier Komposition und kontrollierter Virtuosität im Umgang mit Farbe.

Klar und selbstbewusst sind die von Architektur inspirierten minimalen Linien- und Flächensetzungen Suse Krawagnas (geb. 1964 in Klagenfurt). Zu purer Farbgeometrie werden solch Raumabstraktionen beim ebenfalls in Klagenfurt geborenen Eric Kressnig: anregend aufgesplitterte Farbflächenmalerei.

Zwischen ihnen und den realistischer arbeitenden Künstlern steht Robert Muntean (geb. 1982 in Leoben), der seine Bilder mit einem Begriff aus der Musik als "optisches Rauschen" beschreibt. Jedenfalls scheinen die Elemente sich wie verschwimmende Erinnerungen zu schichten. An verblassende Momente lassen auch Isabella Langers (geb. 1962 in Schwanenstadt) Werke denken.

Manchmal kann die Erneuerung der Malerei so aussehen, dass man sich ihrer Vergangenheit erinnert. Während Leo Mayer (geb. 1957 in Scheibbs) Sujets der Kunstgeschichte, etwa Seurats Badende an der Seine, ins Heute und an die Donau versetzt, verwebt Matthias Lautner (geb. 1981 in Wien) klassische Landschaftsmalerei und abstrakte Farbräume mit Neoromantik und beweist dabei obendrein ein gutes Händchen für Lichtsetzungen.

Nicht unerwähnt bleiben sollen Irina Georgievas (geb. 1976 in Sofia) Tuschezeichnungen und die dem Holzschnitt monumentale Rotzigkeit abringende Lena Göbel (geb. 1983 in Ried). (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 7.10.2014)