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Gute Chancen, aber angespannt: Expräsident Nicolas Sarkozy


Foto: AP Photo/Michel Euler

Er ist wieder unterwegs. Nicolas Sarkozy reist seit ein paar Tagen durchs Land, um an Wahlveranstaltungen für seine Kandidatur zu werben - nein, noch nicht für das Élysée, sondern vorerst nur für den Vorsitz der konservativen UMP. Mit dieser Bewerbung meldet sich Sarkozy nach zweieinhalbjähriger Medien- und Politabstinenz zurück. Er halte es für seine "Pflicht", wieder ins Rennen zu gehen, Frankreich gehe es schlecht, meint er zur Begründung. Das klingt nach Charles de Gaulle, der das Chaos der Vierten Republik 1958 mit seiner triumphalen Rückkehr beendet hatte.

Sarkozys Triumphzug durch Frankreich fällt bescheidener aus. Seine Provinzauftritte hält er vor wenigen Tausend Anhängern ab - ein geradezu mickriger Abklatsch seiner Monsterveranstaltungen im (zuletzt verlorenen) Präsidentschaftswahlkampf 2012. Dass Sarkozy heute bedeutend kleinere Brötchen bäckt, hat auch damit zu tun, dass er unter anderem auch wegen Überschreitung seiner Wahlkampfausgaben ein Strafverfahren am Hals hat. Jetzt muss er sich bei jedem Auftritt gegen eine neue Affäre verteidigen; neuerdings etwa geht es um einen dubiosen Helikopterdeal des früheren Staatspräsidenten mit seinem Amtskollegen aus Kasachstan.

Opfer einer Richterhatz

Sarkozy stellt sich stets als Opfer einer Richterhatz dar. Es sei, als wäre er der einzige Straftäter im Land, meinte er bei seinem jüngsten Auftritt, um zu flachsen: "Sie können ihre Kinder ruhig vor die Türe lassen!"

Seine Anhänger beklatschen solche Sprüche wie gehabt. Laut einer neuen Umfrage würde Sarkozy Ende November mit 68 Prozent der Stimmen zum neuen UMP-Chef gewählt. Allerdings hat er nur zwei Rivalen der zweiten Garnitur, Bruno Le Maire und Hervé Mariton. Sein Hauptgegner, Expremierminister Alain Juppé, tritt nicht zur UMP-Wahl an; er visiert direkt die Präsidentschaftswahlen von 2017.

Umfrage: 63 Prozent gegen Rückkehr

Auch wenn Sarkozy die UMP-Wahl damit gewinnen dürfte, wirkt er ungewohnt angespannt. Sein Comeback hat nicht die bürgerliche Begeisterungswelle ausgelöst, die ihn 2007 ins Elysée getragen hatte. Laut einer Umfrage sind 63 Prozent der Franzosen gegen die Rückkehr des Expräsidenten. Bei jedem neuen Vorschlag, den er bei seinen Meetings macht - zuletzt die Abschaffung des Lebensstatus für Millionen französischer Beamten - fragen die Medienkommentare in Paris: "Warum hat er das nicht schon in seiner ersten Amtszeit versucht?"

Trotzdem ist Sarkozy politisch noch keineswegs abzuschreiben. Mit der Wahlmaschine der UMP im Rücken hat er gegen jeden internen Widersacher Chancen. Und im Präsidentschaftswahlkampf hat jeder UMP-Kandidat große Chancen auf einen Sieg gegen den sozialistischen Präsidenten François Hollande - egal, wie er heißt.

Als wahrscheinlicher scheint derzeit ohnehin die Wiederholung des Szenarios von 2002 mit einem Vertreter der konservativen UMP und des rechtsextremen Front National (FN) in der Stichwahl. Gegen Marine Le Pen müssten aber alle demokratischen Wähler wohl oder übel den bürgerlichen Kandidaten unterstützen. Und darauf setzt Sarkozy: Diesmal will er dank der Linken ins Elysée einziehen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 8.10.2014)