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Ein trojanisches Pferd wird als Protest gegen das Freihandelsabkommen Ceta durch Toronto gezogen. Der kanadische Chefverhandler für den EU-Kanada-Deal verteidigt die Investorenschutzklauseln, auch weil die Schiedsgerichte deutlich transparenter seien als früher.

Foto: Reuters/Marc Blinch

Wien - Die Schiedsgerichte sorgen für Streit. Dass sich global tätige Unternehmen an internationale Gerichte wenden könnten, um nationale Gesetzgebung in nicht transparenten Verfahren zu bekämpfen, hat Nichtregierungsorganisationen und viele - vor allem linke und grüne - Parteien in Europa auf die Barrikaden gebracht. Die Investorenschutzklauseln sind als Teil eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA besonders umstritten. Doch auch das Abkommen der Union mit Kanada (Ceta) wird wegen der Klauseln zum "Investor-state dispute settlement" (ISDS) heftig kritisiert.

Steve Verheul, Chefverhandler der Kanadier, verteidigt die Klauseln zum Investorenschutz im Standard-Gespräch: "Hier geht es nicht um Deals in Hinterzimmern. Wir haben für Transparenz und einen offenen Prozess gesorgt", sagt der Kanadier und verweist dabei etwa auf die Möglichkeit, dass NGOs angehört werden, dass keine Briefkastenfirmen mehr für Klagen genutzt werden können und die Schiedsgerichte durch Ceta klarere Vorgaben bekommen haben, "um überraschende Urteile" zu vermeiden. Verheul spricht im Vergleich zu bestehenden europäischen Abkommen mit ISDS von einem "Goldstandard", der in Ceta geschaffen werde.

Keine Hintertür

"Etwa wenn es um Umweltfragen geht, wird es mit Ceta keinen Anspruch geben, selbst wenn ein Investor Geld verloren hat." Strengere Umweltauflagen oder das Verbot einer umweltschädigenden Technologie wie Fracking sollen demnach nicht zu Schadenersatzansprüchen durch das Abkommen führen.

Auch der berüchtigte Fall von Philip Morris gegen Australien soll sich laut Verheul nicht mehr wiederholen. Der Tabakkonzern klagt wegen eines strengen Raucherschutzgesetzes Australien auf einen Milliardenersatz, und zwar über seine Gesellschaft in Hongkong. "Dieser Fall wäre unter Ceta unmöglich, weil verschiedene Jurisdiktionen involviert sind. Kanada aber kann durch Ceta nicht als Hintertür für ausländische Investoren verwendet werden."

Auf ISDS will der kanadische Verhandler aber nicht verzichten. Sie seien "wertvoll, weil sie dazu führen, dass Investoren wissen, dass sie fair behandelt werden". Ein kanadisches Unternehmen dürfe in Europa nicht gegenüber US-amerikanischen oder chinesischen Mitbewerbern benachteiligt werden, stellt er klar. Die österreichische Regierung ringt indes um eine Linie zu den ISDS. Bei einem Treffen im Bundeskanzleramt habe man kommuniziert, dass Verträge zwischen "entwickelten Rechtsräumen" keine ISDS bräuchten, so ein Sprecher von Bundeskanzler Werner Faymann. Im Wirtschaftsministerium verweist man wiederum auf Brüssel als Verhandlungsführer.

Kanada-Europa-Achse

Verheul plädiert zudem für eine weitere Verschränkung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und Kanada, um Wachstums und Jobs zu schaffen. Wenn auch TTIP als Abkommen mit den USA zustande kommt, "gibt es die Hoffnung auf eine EU-Nafta-Region". Bereits heute seien in Ceta Vertragsteile eingebaut, die schlagend werden, wenn sich die EU mit den USA auf ein Abkommen einigt. Besonders in der Automobilbranche gebe es Potenzial. Doch für die EU und die USA rechnet Verheul, der auch am Verhandlungstisch für das amerikanische Abkommen Nafta gesessen ist, mit vielen Stolpersteinen.

"Es wird mehr Komplikationen bei den TTIP-Verhandlungen geben als bei Ceta", sagt der Kanadier. Denn die USA seien als Handelspartner nicht nur viel größer, die Verhandlung im medialen Fokus. Im Ceta-Abkommen habe die Einigung beim Kapitel der öffentlichen Auftragsvergabe die Verhandlungen erleichtert. In den USA pochen die Bundesstaaten aber auf ihr Recht, öffentliche Aufträge zu vergeben, daher gebe es weniger Chancen auf Kompromisse. (sulu, DER STANDARD, 8.10.2014)