Heute wird mit sterilen Einwegsystemen gearbeitet.

Foto: APA/AFP/GUILLAUME SOUVANT

Montag Vormittag im Plasmaspendezentrum im 7. Bezirk: Alle Betten sind belegt. Es werden Kreuzworträtsel gelöst, manche hören über Kopfhörer Musik oder lesen, während ihnen über eine Vene Blut aus dem Körper gepumpt und durch eine Zentrifuge geschleust wird. Aus dem Plasma, das hier gewonnen wird, werden vom Pharmaunternehmen Baxter Arzneimittel hergestellt.

Bei der Plasmapherese wird der flüssige Bestandteil des Blutes von den Blutzellen getrennt. Die Blutzellen werden dem Spender wieder zurückgegeben, das gelbliche Plasma tropft langsam in einen Plastikbeutel. Der Flüssigkeitsverlust wird am Ende mit einer Kochsalzlösung ausgeglichen. Die Prozedur ist schonend für den Körper, heißt es beim Pharma-Riesen Baxter: Nach 48 Stunden sollen die Bestandteile des gespendeten Plasmas im Blut wieder ersetzt sein.

Für die Pharmaindustrie ist das Plasmaspenden ein Milliardengeschäft – eines, mit dem Leben gerettet werden: Mit Blutplasma werden hauptsächlich Medikamente hergestellt – etwa für Menschen mit Blutgerinnungsstörungen oder mit Autoimmunerkrankungen. Auch bei Operationen und bestimmten Krankheiten, die einen Plasmaaustausch nötig machen, wird es gebraucht. "Plasma kann nicht synthetisch hergestellt werden", sagt Gerda Leitner von der Wiener Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin.

Aufwandsentschädigung: 20 Euro

Ein junger Medizinstudent, der mehrmals im Monat spendet, kommt, um sein Budget aufzubessern. Routiniert ballt er seine Hand alle paar Sekunden zur Faust, um den Prozess zu beschleunigen, während er mit der anderen am Handy herumspielt. Etwa eine Stunde dauert die Plasmaspende – dafür gibt es am Ende eine Aufwandsentschädigung von 20 Euro.

Der Student entspricht der Statistik: 52 Prozent der Spender in Österreich waren 2013 Männer, mit 53 Prozent war ein Großteil zwischen 18 und 29 Jahre alt. 0,5 Prozent der Bevölkerung spenden Plasma. Das ist beachtlich: Die Österreicher liegen bei der Spenderfreudigkeit pro Kopf im Spitzenfeld, berichtet Michael Gessner, Sprecher der IG Plasma und Direktor von Plasma Operations Europe bei der Baxter AG. Das meiste Plasma der Welt wird in den USA gespendet.

Spender werden immer gesucht – und zwar solche, die regelmäßig kommen. Denn einer Plasmaspende geht viel Bürokratie voraus: Bei einer Erstuntersuchung wird der Allgemeinzustand der potenziellen Spender untersucht. Wer sich qualifiziert, der darf insgesamt 50 Mal im Jahr und höchstens zwei Mal pro Woche Plasma spenden. Vor jeder Spende ist das Ausfüllen eines Fragebogens und ein Interview nötig.

Infiziert mit Hepatitis C

Nicht immer wurde auf Sicherheit so viel Wert gelegt: In Österreich haben sich Plasmaspender in den 1970er- und 1980er-Jahren mit Hepatitis C infiziert. Bis vor wenigen Jahren wurde vor Gericht um Entschädigungszahlungen gestritten. Das ist lange her: Als "ganz gut" schätzt Leitner heute den Ruf von Plasmaspenden in Österreich ein.

"Mit der Technik, die damals angewendet wurde, haben wir heute nur noch den Namen gemeinsam", sagt Gessner. Damals sei der Blutbeutel geöffnet und das Plasma entnommen worden, bevor das Blut wieder refundiert wurde. Zwischen den Beuteln unterschiedlicher Spender bestand Verwechslungsgefahr, außerdem konnte der Beutel beim Öffnen kontaminiert werden. "Aber was damals passiert ist, kann heute ausgeschlossen werden."

Heute wird die Plasmaspende mithilfe von sterilen Einwegsystemen durchgeführt. Das Blut des Spenders bewegt sich nur innerhalb dieses Systems. "Das Plasma kommt nicht mit der Maschine in Berührung", betont Gessner.

Homosexuelle ausgeschlossen

Ein weiterer Unterschied zu früher: Die Tests sind weitaus genauer. Zwei Proben werden dem Plasma nach der Spende entnommen, ein Serologie-Test und ein PCR-Test durchgeführt. Durch den PCR-Test, mit dem fremde DNA im körpereigenen Gewebe nachgewiesen werden kann, konnte das diagnostische Fenster reduziert werden: Bei HIV und Hepatitis C liegt es bei elf Tagen.

Auch auf die Spenderauswahl wird Wert gelegt: Wer beispielsweise Tätowierungen hat, wird zwar zur Spende zugelassen, das Plasma wird aber mit zeitlichem Abstand noch einmal überprüft und auf Hepatitis-C untersucht. Immer wieder wird in der Öffentlichkeit diskutiert, warum Homosexuelle nicht als Spender zugelassen werden. Das sei ein "schwieriges Thema", sagt Leitner. Geschlechtsverkehr zwischen Männern zähle als Risikoverhaltensweise, so Gessner: "Der Schutz der Person, die das Endprodukt erhält, geht vor." Leitner kann sich aber vorstellen, dass im Hinblick auf die sich weiterentwickelnde Technik der Pathogeninaktivierung "dieses Problem für manche Situationen neu überdacht werden kann".

Getestet werden kann das Plasma naturgemäß nur auf das, was bekannt ist. Im Rahmen der weiteren Verarbeitung des Plasmas können aber auch nicht getestete Krankheitserreger eliminiert werden, betont Gessner.

50 Mal im Jahr

Spendertourismus – also, dass ein Spender bei mehreren Zentren Plasma spendet und kassiert – ist nicht möglich: Informationen zu den Spendern werden innerhalb einer Stadt zwischen den Zentren weitergegeben, so Gessner. Aus dem durchgeführten Bluttest ist zudem ersichtlich, ob jemand vor kurzem gespendet hat.

Mindestens 30 Minuten sollte man nach der Spende im Plasmazentrum bleiben, körperliche Anstrengungen im Anschluss vermeiden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kreislaufprobleme während und nach der Spende, berichtet Leitner. Außerdem könne auch einmal ein Stich daneben gehen und ein Hämatom entstehen. Und nicht jeder ist für das Plasmaspenden geeignet: Menschen mit Herz-Kreislaufproblemen oder Untergewicht werden daher schon bei der Eignungsuntersuchung ausgeschlossen. (Franziska Zoidl, derStandard.at, 5.12.2014)