Viel darf man in den Grazer Öffis nicht, aber dabei wird man dafür gefilmt. Die Ausstellung vergleicht Grazer Verbote auch mit anderen.

Foto: GrazMuseum/Sailer

Graz - Manchmal schießt sich Verbotspolitik selbst ins Knie: 2013 beschallte der Grazer FPÖ-Stadtrat Mario Eustacchio von seinem Bürofenster im Rathaus das sogenannte Billa-Eck am Hauptplatz mit klassischer Musik. In der Annahme, eine heterogene Gruppe arbeitsloser, teils suchtkranker Menschen, die gerne unter "Punks" subsumiert wird, so verscheuchen zu können.

Doch während die "Punks" unten durchaus erfreut der Musik lauschten, zeigte ein anderes Mitglied der Stadtregierung die Aktion an. Wegen fehlender Erlaubnis laut Straßenmusikverordnung - die wiederum musizierende Roma aus der Innenstadt vertreiben sollte - war eine Geldstrafe zu zahlen. Die blauen Lautsprecher verstummten.

Verbotsstadt und Menschenrechtsstadt

Das ist nur eine von vielen Episoden, die derzeit im Parterre des Graz-Museum (früher Stadtmuseum) in der Ausstellung "Graz - Offene Stadt" dokumentiert sind. Der Hauptplatz wurde 2001 zum "Brennpunkt", weil dort, zunächst am Erzherzog-Johann-Brunnen, "Punks" saßen. Es folgten "legendäre" wie kurzlebige Aktionen des ÖVP-Bürgermeisters Siegfried Nagl, der Kirschlorbeerbäumchen um den Brunnen aufstellen ließ, um diese Menschen fernzuhalten.

Ausgerechnet 2001, als die Grazer Verbotspolitik startete, verpflichtete sich Graz, künftig in jedem Beschluss des Gemeinderats Menschenrechte zu berücksichtigen. Verbotsstadt und Menschenrechtsstadt sind also gleich alt. Heute gibt es ein verschärftes Landesgesetz gegen "Unfug" und für "Anstand" sowie das in weiten Teilen der Stadt geltende Alkoholverbot. Seit 2007 marschiert auch eine Ordnungswache auf. Verboten sind auch Grillen, Fahrradfahren und Slacklinen im Stadtpark.

Das elfte Gebot

Beim international Aufsehen erregenden Handyverbot in Öffis ruderte Nagl zurück. Es sei "nur ein Gebot" hieß es nach Kritik.

Sibylle Dienesch, Vizechefin des Museums, Astrid Kury von der Akademie Graz und die Kulturanthropologin Johanna Rolshoven sehen ihre Ausstellung als Plädoyer für eine Kultur von "Offensein, Gastfreundschaft und Menschenrechten". Deshalb gibt es neben dem roten Ausstellungsteil über Verbote (auch in anderen Städten) den blauen mit Alternativen zur Nutzung öffentlichen Raums. Ideen holte man sich bei Wissenschaftern und Kunstinstitutionen wie Rotor oder Werkstadt Graz.

Ein Beispiel ist das Projekt "Zusammensetzung" der Werkstatt für Theater und Soziokultur (Interact). Da werden Möbel im Stadtraum platziert, wo man ins Gespräch kommen kann - am 9. Oktober ab 14 Uhr am Schlossbergplatz. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 9.10.2014)