Als just am Tag nach dem Bekanntwerden von Produktionsfehlern beim Eurofighter dieser auch noch notlanden musste, twitterte Andreas Strobl, der Pressesprecher des Verteidigungsministers, aus tiefster Verzweiflung den denkwürdigen Satz: "Eurofighter, du schönster aller Vögel, warum quälst du mich so?!?!?!"

Ein zu Herzen gehender Klageruf, dessen poetische Gleichsetzung eines Kampfjets mit einem Vogel Erkenntnisgewinn in sich birgt. Unsere Abfangjäger erinnern tatsächlich an einen Vogel. Nämlich an jenen aus dem "Dead Parrot"-Sketch von Monty Python. Darin kommt ein Mann in eine Tierhandlung, um zu reklamieren, dass man ihm dort zuvor einen toten Papagei verkauft hat. Der Verkäufer versucht den Sachverhalt zu leugnen ("der Vogel schläft nur 'ne Runde") und gibt erst auf, als der Kunde entnervt "dieser Vogel ist tot!" brüllt und mit dem bereits leichenstarren Papagei wie mit einem Hammer auf die Theke drischt.

Genauso geht es der Republik Österreich mit dem Eurofighter. Der wesentliche Unterschied zum reklamierenden Kunden besteht aber darin, dass wir uns noch nicht einmal trauen, die Tierhandlung zu betreten. Diese Ängstlichkeit verwundert. Hier liegt ein Versagen vor, das nicht nur die Politik, sondern auch den heimischen Innenpolitik-Journalismus schlecht aussehen lässt. In fast allen Kommentaren der letzten Tage wird die Möglichkeit eines Vertragsausstiegs als illusorisch abgetan.

Aber warum? Der Kaufvertrag enthält eine unmissverständliche Klausel, wonach er bei erwiesener Korruption im Zuge des Beschaffungsvorganges seine Gültigkeit verliert. Um besagte Korruption vor Gericht zu beweisen, muss man es zunächst einmal wollen. Die Chancen, dass es gelingt, stehen ausgezeichnet. Neben unzähligen Indizien für Bestechung und illegale Parteienfinanzierung gibt es sogar ein offenes Geständnis. Der für eine am Eurofighter beteiligte Firma tätige Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly erklärte schriftlich, wie er erfolgreich "Druck ausgeübt" habe: "Im Anschluss an die aggressive Zahlung von Erfolgsprämien an wichtige Entscheidungsträger gab Österreich einen Auftrag in Höhe von 1,79 Milliarden Euro für den Eurofighter bekannt."

Das lässt keinen Interpretationsspielraum. Die Staatsanwaltschaften in München, Rom und Wien sprechen von Schmiergeldflüssen in Höhe von 180 Millionen Euro. Eine Tatsache, die in der heimischen Berichterstattung immer öfter nonchalant übersehen wird, weil Korruption bei militärischen Beschaffungsgeschäften offenbar als eine Art Gewohnheitsrecht betrachtet wird. Höchste Zeit also, dass seitens des Bundes endlich geklagt wird. Eine Vertragsauflösung würde uns zumindest 1,3 Mrd. Euro bringen, eine Summe, die unser Heer dringend nötig hätte. Es müsste dafür auf Flieger verzichten, deren Betrieb es sich jetzt schon nicht mehr leisten kann. In Wahrheit würden wir also nicht ihre Schutzfunktion entbehren, sondern nur ihren Anblick.

So gesehen ist der Eurofighter doch kein Vogel, sondern eher ein Hund. Ein toter Wachhund, den uns der Tierpräparator abkaufen würde, doch wir sagen Nein, wir lassen ihn lieber bei uns im Garten verwesen, da fühlen wir uns sicherer. (Florian Scheuba, DER STANDARD, 9.10.2014)