Der frühere Novartis-Chef Daniel Vasella wollte sich seinen Abgang mit einem Konkurrenzverbot für 72 Millionen Franken (60 Millionen Euro) vergüten lassen. Und der Chef der Credit Suisse, Brady Dougan, kassierte 2009 fast 90 Millionen Franken an Lohn, Boni und Optionen. Solche Exzesse waren es, die dazu führten, dass das Schweizer Volk 2013 der sogenannten "Abzocker-Initiative" zustimmte, welche unter anderem fordert, dass die Aktionäre jährlich über die Vergütungen an die Konzernleitungen und Aufsichtsräte abstimmen können. Zudem werden Antritts- und Abgangsentschädigungen untersagt.

Nun hat die Schweizer Anlagestiftung Ethos, die unter anderem viele große Pensionskassen vertritt und die sich als Aktionärsberaterin für nachhaltige Unternehmensführung einsetzt, eine erste Bilanz zur Umsetzung dieser "Abzocker-Initiative" gezogen. Fazit: "Es ist festzustellen, dass die Verpflichtung, die Vergütungen den Aktionären zur Abstimmung vorzulegen, viele Aufsichtsräte dazu veranlasst, transparenter zu werden und der Struktur ihres Vergütungssystems mehr Aufmerksamkeit zu schenken".

Vertretbare Steigerungen

Die Spirale nach oben drehe sich nicht mehr so schnell: Die Vergütungen der Führungsebenen der 100 größten in der Schweiz notierten Unternehmen sind laut Ethos 2013 noch um zwei Prozent gestiegen. Im Finanzsektor allein betrug das Plus acht Prozent, wobei diese Erhöhung geringer ausfällt als jene der Börsenkapitalisierung und der Gewinne im Finanzsektor. Ein gutes Zeichen, sagt Ethos-Direktor Dominique Biedermann im Schweizer Rundfunk SRF: "Letztes Jahr waren die Resultate der Unternehmen sehr gut, sodass etwas höhere Gehälter vertretbar sind; wir müssen aber zufrieden sein, dass die Vergütungen nicht noch stärker gestiegen sind, auch dank der Initiative."

Freilich, ganz oben wird immer noch zugelangt: UBS-Chef Sergio Ermotti steigerte seine Vergütung um 21 Prozent auf 10,7 Millionen Franken, jene vom Credit-Suisse-Chef Dougan stieg um 28 Prozent auf zehn Millionen. Noch mehr gab's in der Pharmaindustrie: Die Chefs von Novartis, Joe Jimenez, und Roche, Severin Schwan, waren mit je rund 13 Millionen Franken die bestverdienenden Schweizer Manager.

Leitungen setzten sich durch

Dennoch sieht Ethos Raum für Verbesserungen, etwa bei der Transparenz über Maximalboni und Leistungskriterien. Besonders störend sei, dass viele Unternehmen die Aktionäre im vornherein und ohne Kenntnis des Geschäftsergebnisses über die variable Vergütung abstimmen ließen. "Damit stellen die Aktionäre den Chefs einen Blankoscheck aus", sagt Biedermann. Die nun verbotenen Abgangsentschädigungen würden oft durch langfristige "Konkurrenzverbots-Klauseln" ersetzt, was nicht im Sinn der "Abzocker-Initiative" sei.

Ethos und andere Aktionärsberater wie zCapital oder Actares haben heuer auf den Aktionärsversammlungen vieler Unternehmen gegen die Vergütungsberichte der Konzernleitungen gestimmt. Freilich mit wenig messbarem Erfolg: Die Unternehmensleitungen setzten sich jeweils durch, am knappsten fiel die Zustimmung bei ABB mit 51 Prozent aus. Doch früher waren nahezu hundertprozentige Zustimmungsraten üblich. (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD, 9.10.2014)