Es ist viel mehr eine Neudatierung als eine Neuentdeckung.

Foto: nature

Die Höhlenmalereien im indonesischen Maros-Karstgebiet sind schon lange bekannt.

Foto: Kinez Riza

Bisher wurden sie allerdings für weitaus jünger gehalten.

Foto: Kinez Riza

Nach neuesten Analysen sind sie aber zur gleichen Zeit entstanden wie die bislang ältesten Kunstwerke in spanischen Höhlen.

Foto: Kinez Riza

London/Wien - Wie alt ist die älteste menschliche Kunst? Die frühesten bekannten Felszeichnungen und Höhlenmalereien fand man in der spanischen El-Castillo-Höhle: menschliche Handabdrücke, die auf 40.800 Jahre geschätzt werden. Deutlich jünger sind Kunstwerke in den Höhlen von Altamira (ebenfalls Spanien) sowie Lascaux und Chauvet in Frankreich.

Wozu diese Zeichnungen und Malereien genau dienten, liegt im Dunkeln: Forscher vermuten, dass sie rituelle Funktionen hatten. Relativ unbestritten ist nur, dass diese frühe Felskunst als Hinweis auf die Fähigkeit zum abstrakten Denken gilt. Womöglich waren auch schon Neandertaler dazu fähig: Erst vor wenigen Wochen hatten Forscher über Felsgravuren in der Gorham-Höhle in Gibraltar berichtet, die mindestens 39.000 Jahre alt sind.

Entstand die früheste Felskunst also in Südwesteuropa? Die bisherigen Funde ließen das vermuten. Doch diese Annahme ist wohl ab sofort selbst Geschichte: Höhlenmalereien im Maros-Karstgebiet auf der indonesischen Insel Sulawesi sind nach neuesten Analysen ebenfalls 40.000 Jahre alt, wie ein Forscherteam im Fachmagazin "Nature" berichtet.

nature video

Exakte Altersbestimmung

Die 14 verschiedenen Höhlenmalereien - zwölf Handzeichnungen und zwei Tierdarstellungen - sind seit rund einem halben Jahrhundert bekannt und wurden ursprünglich für weitaus jünger gehalten. Nun sind sie aber zuverlässig datiert worden: Forscher um Maxime Aubert (Griffith University in Brisbane) schnitten winzige Proben aus Ablagerungen, die sich stalaktitenartig auf den Zeichnungen gebildet hatten, und analysierten die darin enthaltenen Uran- und Thorium-Isotope, die eine exakte Altersbestimmung möglich machen.

Das sensationelle Ergebnis: Ein gezeichneter Handumriss ist mindestens 39.900 Jahre alt, das Bild eines weiblichen Hirschebers (Babyrousa) vor mindestens 35.400 Jahren angefertigt worden - also ziemlich genau zur gleichen Zeit wie die ältesten Kunstwerke in Südwesteuropa.

Die neue Entdeckung kann zweierlei bedeuten: Entweder haben die Vorfahren der heutigen Bewohner Südostasiens diese Kunst unabhängig von ihren europäischen Verwandten entwickelt. Oder aber die Wurzeln unserer Kreativität liegen noch deutlich weiter zurück. Dann allerdings sollten sich in Höhlen und Felsunterständen Afrikas und Asiens wohl noch ältere Zeugnisse dieser Höhlenkunst finden lassen. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 10.10.2014)