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Laufen bis die Puste ausgeht. Auf Banken als Herzschrittmacher müssen Einzelkämpfer zumeist verzichten.

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Kuno Haas sieht angesichts der neuen Bankenregeln rund um Eigenkapital und Liquidität Rot: "Basel III ist so notwendig wie ein Kropf." Mehr als 17 Jahre lang habe nichts das gute Einvernehmen der Grünen Erde mit den Geldinstituten gestört, erzählt der Chef und Miteigentümer der Handelskette. "Wir haben pünktlich alle Rechnungen bezahlt, sind nie was schuldig geblieben." Bis vor zwei Jahren der Druck seiner Hausbanken stieg: Neue Sicherheiten wurden gefordert, Kreditlinien fälliggestellt, Konditionen verschäft. Haas versuchte es daraufhin mit Crowdfunding. Seither hat er dank seiner Kunden mehr als sieben Millionen Euro eingesammelt und ist bankenunabhängig.

Wofür er das Geld braucht? Für Wareneinkauf und das Erfüllen von Kundenaufträgen. Es geht dabei um die klassische Mittelstandsfinanzierung, zumal sein Scharnsteiner Betrieb wie so viele andere der Branche auf offene Rechnung liefert, sagt Haas. Zur Erklärung: Seit Basel III lassen Banken Warenvorräte und Halbfertiges nicht mehr als Sicherheiten gelten. Was aus Sicht des Oberösterreichers, der Landessprecher der Grünen Wirtschaft ist, die gesamte gewerbliche Wirtschaft schwer trifft. Mit seinen Parteikollegen fordert er, dass zumindest staatliche Banken wie das AWS Vorräte und Halbfertigware wieder als Sicherheit akzeptieren.

Tiefe Kluft

36 Millionen Euro setzte die Grüne Erde im per Juli abgelaufenen Geschäftsjahr um, ein Zuwachs von 14 Prozent. Mit 245 Vollzeitbeschäftigten verdreifachte Haas nach eigenen Angaben das Ergebnis und spricht vom besten Jahr seit 1998. "Entgegen aller Unkenrufe" fertigt der Betrieb seine Naturmöbel, -kosmetik und Ökomode überwiegend in eigenen Werken in Österreich und Ungarn. Haas sieht eine Kluft in der Wirtschaft aufgehen: Branchen rund um Ökologie, Nachhaltigkeit, Lifestyle boomten - die Old Economy hingegen plage sich extrem.

Von den Banken im Stich gelassen fühlt sich auch ein Wiener Mietwagen- und Taxiunternehmer. "Jeder Arbeiter und Angestellte bekommt von ihnen bessere Konditionen als ein Selbstständiger", sagt er. Er selbst kann neue Taxis, anders als noch vor einigen Jahren, nur mehr über hohe Anzahlungen finanzieren. Seine Frau dient als Bürge. Unter diesen Umständen zu expandieren hält er für unmöglich. Der Wiener sieht sich nach sechs Jahren auf dem Markt in einer Sackgasse angekommen. "Jobs auf dem freien Markt sind keine mehr zu bekommen. Ich habe keine andere Wahl, als in der Selbstständigkeit durchzuhalten."

Schwarmfinanzierungen

Schwarzarbeit, damit verbundenes Preisdumping und abnehmender Geschäftsverkehr machen seine Branche für private alternative Geldgeber unattraktiv. Dennoch sind Schwarmfinanzierungen nicht nur etwas für wenige auserwählte Branchen, ist Grüne-Erde-Chef Kuno Haas überzeugt. Im Grunde habe jeder, der sich an Konsumenten wende, ob Fleischer oder Bäcker, die Chance dazu. Härter sei es im Business-to-Business-Bereich sowie für Jungunternehmer. So bleibt den meisten Start-ups seiner Erfahrung nach wenig anderes übrig, als ihr Glück mit Business-Angels oder auf Crowdfunding-Plattformen zu versuchen. Haas finanziert selbst Newcomer, bisher sei jeder von diesen operativ in Betrieb gegangen.

Dass klein- und mittelständische Unternehmer unter keiner Kreditklemme zu leiden haben, wie in Österreichs Banken betont wird, kann Gerhard Weinhofer, Chef des Gläubigerschützers Creditreform, nicht nachvollziehen. Bei Konkursen offenbare sich ihm die hohe Zahl an Unternehmern, die persönlich haften. "Die Liegenschaften sind mit Hypotheken zugepflastert."

Keine Erleichterung bei KMU

EZB-Chef Mario Draghis Wunsch nach billigem Geld sei nicht in der Realität angekommen, die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank nicht dort gelandet, wo sie hingehöre, sagt Weinhofer. "Klein- und Mittelbetriebe spüren keine Erleichterung bei der Finanzierung." Aus einer noch laufenden Umfrage der Creditreform lässt sich Vorsicht und anhaltender Pessimismus un- ter KMUs quer durch die Branchen ablesen. Österreich wälze Reformthemen vor sich her, "das Vertrauen in Lösungen schwindet". Weinhofer erwartet heuer mehr Pleiten als 2013 und 2015 weitere Zuwächse.

Dass Selbstständigen die Bank als Geldquelle oft verschlossen bleibt, daran lässt auch Herbert Rohrmair-Lewis, Bundeschef der Jungen Wirtschaft, keine Zweifel. Als Riesenhemmschuh für Junge bezeichnet er aber vor allem Österreichs hohe Lohnnebenkosten. Zumindest für den ersten Mitarbeiter aus dem freien Arbeitsmarkt gehörten diese im ersten Jahr abgeschafft, fordert er. Zumal Österreich dringend neue Jobs brauche. 2,4 Stellen im Schnitt schafft seinen Berechnungen nach jeder Gründer im ersten Jahr. "Derzeit stecken selbst bemühte Investoren ihr Geld aber vor allem in den Sozialstaat. Wir schieben es praktisch von der linken in die rechte Hosentasche." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 10.10.2014)